Mit dem Schlitten gegen den Mast Jeder dritte Rodelunfall endet im OP

Autor: Dr. Vera Seifert

Rodeln ist viel sicherer als Skifahren, da kann doch nicht viel passieren – diese verbreitete Ansicht beruht offenbar auf einer Fehleinschätzung. Rodeln ist viel sicherer als Skifahren, da kann doch nicht viel passieren – diese verbreitete Ansicht beruht offenbar auf einer Fehleinschätzung. © Lana Pietukhova - stock.adobe.com

Rodeln ist viel sicherer als Skifahren, da kann doch nicht viel passieren – diese verbreitete Ansicht beruht offenbar auf einer Fehleinschätzung. Der schwere Schlittenunfall eines neunjährigen Jungen soll für die Gefahren sensibilisieren.

Ein Schlitten, zwei Freunde, der eine auf dem Bauch liegend, der andere auf ihm sitzend – so ging es in rasanter Fahrt einen steilen Hügel hinunter. Ein Mast bereitete dem waghalsigen Pistenspaß ein jähes Ende. Der Vater des unten liegenden Fahrers trug seinen neunjährigen Sohn selbst in die Notaufnahme des Gemeinschaftsklinikums Mittelrhein, wie Dr. Thomas Hoppen von der Abteilung Kinder- und Jugendmedizin berichtet. Neben einer Stirnplatzwunde plagten das Kind zunehmende Bauchschmerzen. Der Junge war blass, kurzatmig und kaltschweißig, die Bauchdecke angespannt. Im Thoraxbereich zeigte sich eine kleine Prellmarke. Ein Puls von 160 bpm und ein Blutdruck von 83/65 mmHg deuteten auf einen Kreislaufschock hin.

Innere Blutungen, Subileus und Pleuraerguss

Die Sonografie und die sich anschließende Computertomografie offenbarten tatsächlich innere Blutungen im Sinne eines großen Hämatoperitoneums und eine ausgeprägte Leber- und Lungenkontusion rechts. Da sich der junge Patient nach intravenöser Volumensubstitution und Gabe von Tranexamsäure zur Förderung der Hämostase stabilisierte, konnte man auf eine Operation verzichten.

Die Lungenkontusion führte sekundär zu einem erheblichen Pleuraerguss, der mittels einer Thoraxdrainage behandelt werden musste. Außerdem war vorübergehend eine nicht-invasive Beatmung erforderlich. Während der ersten Woche trat ein Subileus auf. Ab dem dritten Tag gelang eine schrittweise und vorsichtige Mobilisierung. Der Junge konnte nach 14 Tagen die Klinik verlassen.

Nicht aufeinandersitzend oder -liegend fahren

Prinzipiell spricht nichts dagegen, zu zweit auf einem Schlitten zu fahren, schreibt Dr. Hoppen. Allerdings haben die beiden Jugendlichen einiges falsch gemacht. Man sollte hintereinander sitzen und nicht aufeinander. Das Team muss sich gut abstimmen und klären, wer bremst und wer lenkt. Das zusätzliche Gewicht macht den Schlitten schneller – das sollte man wissen und ggf. langsamer fahren oder frühzeitiger bremsen. Je nach Schlittenmodell lässt sich das Gefährt allerdings nur begrenzt steuern, bei vereister oder steiler Piste gar nicht. Auch Zusammenstöße mit anderen Schlittenfahrern kommen vor.

Dr. Hoppen berichtet über eine Studie am Traumazentrum Murnau. Dort stellten sich von 2016 bis 2019 175 Patientinnen und Patienten nach einem Schlittenunfall vor. Kinder hatten sich besonders häufig Kopf- und Gesichtsverletzungen zugezogen, bei Erwachsenen standen Verletzungen der Wirbelsäule im Vordergrund. Dazu kommt es vor allem beim Aufprall im Sitzen nach einem Sprung mit dem Schlitten. Fast ein Drittel aller Verunglückten musste operiert werden. Der Kinderarzt empfiehlt Rückenprotektoren zum Schutz der Wirbelsäule. Diese sollten seiner Meinung nach zusammen mit Helmen insbesondere für Kinder als verpflichtend bei kommerziell betriebenen Rodelpisten eingeführt werden. Außerdem plädiert er dafür, die Pisten besser abzusichern, Gefahrenstellen zu entschärfen und eine Vereisung zu vermeiden. 

Quelle: Hoppen T. Pädiatrie 2024, 36: 25-26