Rheumatoide Arthritis Konservative Therapieoptionen für den Rheuma-Ellenbogen
Manifestiert sich eine rheumatische Erkrankung an der oberen Extremität, sind zumeist Hand und/oder Schulter betroffen. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis ist jedoch zu 50–70 % auch das Ellenbogengelenk in Mitleidenschaft gezogen. Funktionsdefizite treten allerdings erst sehr spät auf, da Hand und Schulter die entstehenden Einschränkungen kompensieren, erklärte Prof. Dr. Manfred Kemmerling von der Klinik für Orthopädie, Rheumatologie und Traumatologie an der Helios Klinik Attendorn.
Insbesondere im Strecksehnenbereich können sich Rheumaknoten und häufig Bursitiden bilden. Schwellungen im Bereich des Sulcus ulnaris führen evtl. zu einer Ulnarschädigung. Kontrakturen, komplexe Instabilitäten, sekundäre Arthrose und möglicherweise die Versteifung des Gelenks führen dazu, dass die Funktionsfähigkeit in Alltag und Beruf deutlich eingeschränkt ist. Erhebliche soziale Probleme resultieren.
Physiotherapie verringert den Medikamentenbedarf
Neben Pharmako- und operativer Therapie ist die nicht-medikamentöse Behandlung des rheumatischen Ellenbogens von großer Bedeutung, erläuterte der Referent. Bei nur geringen Nebenwirkungen verringert sie den Medikamentenbedarf und verhindert oder verzögert Operationen. Eine Physiotherapie sorgt insbesondere für den Funktionserhalt und die Stabilität des Gelenks, fördert den Muskelaufbau, bessert die Ausdauer und korrigiert Fehlstellungen. „Muskelaufbau stärkt auch immer das Immunsystem des Patienten“, sagte Prof. Kemmerling. Im Vordergrund steht die Koaktivierung der beteiligten Muskelgruppen. Speziellere physiotherapeutische Verfahren sind
- die Triggerpunkttherapie, die schmerzende Myogelosen löst,
- die Lymphdrainage, mit der sich Ödeme zurückdrängen lassen, und
- Bewegungsbäder, die detonisierend und entlastend wirken.
Dazu kommen Kryo- und Elektrotherapie, Ultraschallbehandlung und Phototherapie. Durch Massage kann das Bindegewebe zum Abschwellen gebracht und können Myogelosen gelockert werden, was u.a. Schmerzen reduziert sowie Mobilität und Lebensqualität steigert.
Komplettiert werden die genannten Maßnahmen durch eine medizinische Trainingstherapie. Die Übungen sollten einem multimodalen Ansatz folgen, das Therapeutenteam sollte interdisziplinär zusammengestellt und der Trainingsplan individuell ausgearbeitet sein. Verbessert werden Gelenkstabilität und -koordination, Kraftausdauer sowie Reaktionsvermögen und Gleichgewichtsfähigkeit.
Prof. Kemmerling ging auch auf spezielle Aspekte der medikamentösen Therapie ein. Eine Indikation für die Punktion und lokale Infiltration des Ellenbogengelenks sieht er bei
- intraartikulären Ergüssen und Synovialitis,
- extraartikulärem Erguss mit einer Busitis olecrani,
- Epicondylitis humeri lateralis oder medialis.
Die Interventionen müssen stets unter extrem sterilen Bedingungen erfolgen, betonte der Kollege. Die intraartikuläre Infiltration bei rheumatoider Arthritis am Ellenbogen, aber auch bei degenerativen Veränderungen, kann mit einem Lokalanästhetikum mit oder ohne Kortikoid durchgeführt werden.
Bei kortikoidrefraktärer Synovialitis oder für die Rezidivprophylaxe nach operativer Synovialektomie bietet sich die Radiosynoviorthese an. Dabei wird ein radioaktiver Betastrahler instilliert, der zu einer Verödung der Synovialis führt.
Entzündungshemmung im Radonstollen
Als besondere Therapieform stellte Prof. Kemmerling die Radontherapie vor, wie sie z.B. in einem entsprechenden Heilstollen erfolgt. Radon wirkt über die Freisetzung von TNF-β entzündungshemmend und blockiert das entzündungsfördernde TNF-α. Das radioaktive Edelgas steigert die Harnsäureausscheidung, akiviert antioxidative Abwehrmechanismen und bremst den Knochenabbau.
Quelle: Deutscher Rheumatologiekongress 2023