Konsum von Crystal Meth breitet sich immer weiter aus
Eine Reihe von Gründen fördert den zunehmenden Methamphetamin-Konsum, erklären der Psychologe Sascha Milin und der Psychiater Professor Dr. Ingo Schäfer vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Dazu zählen etwa die vielfältigen Methoden, mit denen sich die Droge einnehmen lässt: Man kann Crystal schnupfen, inhalieren, rauchen, injizieren oder schlucken. Und akut kommen die Wirkungen ja durchaus positiv rüber: Der Konsument empfindet sich als wacher, aufmerksamer und selbstbewusster. Indirekt, über das gesteigerte Selbstwertgefühl und unterdrückte soziale Ängste und Hemmungen, fördert Methamphetamin auch die Kontaktaufnahme und das sexuelle Erleben. Da die Droge das Durst- und Hungergefühl unterdrückt, wird sie auch für Personen mit dem Wunsch nach Gewichtsabnahme attraktiv.
Im Akutfall für eine ruhige Umgebung sorgen
Wenn der Konsument als Patient in der Notaufnahme landet, fallen dem Arzt oft auf den ersten Blick die stark erweiterten Pupillen auf. Hinzu kommen die weiteren Symptome eines überaktiven Sympathikus mit Tachyarrhythmien und teils massiver Hypertonie bis hin zu Krampfanfällen und Hirnblutungen. Falls ansprechbar, ist der Betroffene oft unkooperativ, mitunter auch agitiert-aggressiv. Eine substanzinduzierte Psychose ist keine Seltenheit.
Die genaue Diagnose ist in der Akutsituation dann schwierig, wenn der Kranke keine Auskunft geben kann oder will. Und dass oft zusätzlich zum Methamphetamin Alkohol, Cannabis, Sedativa und Opioide genommen wurden, macht die Klärung nicht einfacher. Möglicherweise hilft die Befragung von Freunden, die ihren Gefährten in die Ambulanz gebracht haben. Sichern lässt sich der Konsum über die toxikologische Untersuchung von Blut und Urin.
Im Akutfall empfiehlt sich eine ruhige Umgebung mit einer konstanten Bezugsperson. Eventuell ist so bald wie möglich die Verlegung in die Psychiatrie sinnvoll. Bei lebensbedrohlichen Symptomen muss der Patient auf die Intensivstation.
Das Gespräch richtig anfangen
Als Übergang nach der Therapie in eine Wohngruppe
Nach diesen drei Wochen ist gerade einmal ein Anfang gemacht – eine Entwöhnung muss folgen. Sie kann stationär, teilstationär oder ambulant stattfinden. Für die ambulante Entwöhnung braucht der Betroffene ein stabiles soziales Umfeld: Er muss wissen, wo er wohnen kann, was er tagsüber macht – ist ein fester Arbeitsplatz vorhanden? – und vor allem, wo er Unterstützung findet, wenn der Suchtdruck übermächtig wird. Andernfalls stellt die (teil-)stationäre Behandlung die bessere Alternative dar. Und als Übergang nach der Therapie bieten sich Wohngruppen an, in denen Sozialarbeiter und Pädagogen helfen, die Kompetenzen für ein selbstständiges Leben (neu) zu erlernen.Betroffene müssen lernen, kein hoffnungsloser Fall zu sein
Ein möglicher Rückfall wird aber auch über diese Zeit hinaus ein Thema bleiben. Der Kranke muss lernen, dass er nach einem neuerlichen Konsum nicht resignieren und sich nicht als hoffnungslosen Fall betrachten darf. Selbsthilfegruppen, am besten solche mit anderen Methamphetamin-Erfahrenen, können ihn dabei unterstützen.Quelle: Milin S, Schäfer I. Fortschr Neurol Psychiatr 2019; 87: 385-398; DOI: 10.1055/s-0044-100786