Plus im Portfolio für psychische Gesundheit Medice Health Family übernimmt DiGA-Schwergewicht Selfapy

Medizin und Markt Autor: Bianca Lorenz

Die Medice Health Family hat nun mit Selfapy einen der bekanntesten deutschen Digital Helth Pioniere für psychische Erkrankungen übernommen. Die Medice Health Family hat nun mit Selfapy einen der bekanntesten deutschen Digital Helth Pioniere für psychische Erkrankungen übernommen. © wowomnom – stock.adobe.com

Rund 18 Mio. Menschen leiden in Deutschland unter psychischen Belastungen. Die Wartezeiten auf eine Psychotherapie sind lang. Mit der Übernahme der DiGA-Marke Selfapy baut Medice sein Portfolio bei den digitalen Therapien weiter aus und nimmt dabei neue Zielgruppen ins Visier. 

Kriege, Krisen, Unsicherheiten - psychische Erkrankung nehmen weiter zu. Behandler:innen sind hoffnungslos überfordert. Betroffene Patient:innen müssen deshalb in der Regel drei bis sechs Monate auf eine Therapie warten – ein Zeitraum, in dem sich die Symptome verschlimmern und Erkrankungen chronifizieren können. Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) können die Wartezeit überbrücken. 

Bald Europas Markführer?

Die Medice Health Family hat nun mit Selfapy einen der bekanntesten deutschen Digital Helth Pioniere für psychische Erkrankungen übernommen. Die DiGA sind seit langem verordnungsfähig und bieten aktuell 40.000 Menschen eine individuelle, niedrigschwellige psychologische Hilfe, vor allem bei Depressionen, Angst- und Essstörungen sowie chronischen Schmerzen. „Wir wollen der bedeutendste Mental Health Player mit integriertem Ansatz in Europa werden“, sagt Dr. Felix Lambrecht, Geschäftsführer der Medigital, einer Tochter des Markführers von ADHS-Therapien. Sie ergänzt seit vier Jahren mit ihren digitalen Lösungen gezielt die pharmakologischen Interventionen. Mit der Übernahme der Selfapy-Marke baut das Mutterschiff seine multimodalen Gesundheitslösungen nun weiter aus. 

Jüngere Zielgruppe im Fokus

Ziel sei es, den Patient:innen ganzheitliche Angebote zu machen und vorhandene Produkte gemeinsam mit den Behandelnden weiter zu verbessern. Dabei nimmt Medigital vor allem die jüngeren Zielgruppen ins Visier. „Der Jugendbereich wird aktuell im DiGA-Markt noch nicht abgedeckt, sodass wir hier in den kommenden Jahren sehr stark Angebote voranbringen können“, so Dr. Lambrecht. Entscheidend sei die Nutzer-Experiance der Produkte, die von vornherein auf andere Patiententypen zugeschnitten ist. Dr. Lambrecht: „Wir sprechen ein jüngeres Klientel an als die Konkurrenzprodukte.“

Weniger Berührungsängste

Es gebe auch Verschreibende, die eine digitale Therapie als Frontline-Therapie nehmen, bevor sie in die pharmakologische Therapie gehen, so der Geschäftsführer. In jedem Fall aber nähmen Ärzt:innen DiGA vermehrt in ihre Standardversorgung mit hinein. „Die Berührungsängste der Anfangsjahre sind weg. Ich bin sicher, dass wir digitale Therapeutika künftig noch mehr in der Regelversorgung sehen werden, auch wenn sie kein Ersatz für eine Therapie beim Psychotherapeuten sein werden oder sein sollen“, so Dr. Lambrecht. Der DiGA-Markt verzeichne zweistellige Wachstumsraten. Hauptgrund für die Verschreibung sei zwar immer noch die Wartezeitüberbrückung, aber digitale Therapien würden immer öfter in den Behandlungsfluss integriert, so seine Beobachtung. 

Mehr als ein Lückenfüller

Über das Nutzungsverhalten der DiGA-Nutzer:innen zwischen den einzelnen Sitzungen wird derzeit viel geforscht. Dr. Lambrecht ist sicher, dass die Ergebnisse das Anwendungs- und Verschreibungsverhalten der Behandler:innen noch einmal verändern werden. 

Viel Potenzial sieht er auch bei der Versorgung Geflüchteter in Deutschland und Europa, wo noch größere Lücken klaffen. „Die sprechende Medizin kann nur dort wirken, wo sie verstanden wird“, so Dr. Lambrecht. „Das ist nicht nur im Erwachsenen-, sondern auch im Kinder- und Jugendbereich relevant, wo die Behandler:innen überfordert sind.“  Das zu verändern, werde ein weiterer Fokus von Medigital in den kommenden Jahren sein. 

Quellen: 
Interview mit Dr. Felix Lambrecht, 12. März 2025
Presseinformation von Medice Arzneimittel, 12. März 2025