Dosierung Mehr Schutz für die insuffiziente Niere
Angiotensin-Converting-Enzym(ACE)-Hemmer und Angiotensin-II-Rezeptorblocker (ARB) verlangsamen das Voranschreiten einer Niereninsuffizienz mit Albuminurie. Allerdings müssen die Medikamente dazu bis zur maximal tolerierten Dosis auftitriert werden. Tatsächlich nimmt aber nur etwa ein Drittel der Betroffenen eine ausreichend hohe Dosis ein, berichtet Prof. Dr. Chi Chu, Nephrologe an der University of California in San Francisco.
Große Querschnittstudie deckt Unterversorgung auf
Die Unterversorgung von Niereninsuffizienzpatienten mit einer Albuminurie in Bezug auf ACE-Hemmer und ARB stellt ein großes Qualitätsdefizit dar, da bei suboptimalen Dosen die Nierenfunktionsstörung ungebremst weiter fortschreiten kann, so der Experte. Wie groß dieses Problem tatsächlich ist, untersuchte er gemeinsam mit weiteren Forschenden im Rahmen einer Querschnittsstudie. Die Wissenschaftler identifizierten mithilfe einer elektronischen US-amerikanischen Gesundheitsdatenbank 100.238 Erwachsene (Durchschnittsalter 65 Jahre, 49 % Frauen) mit einer pathologischen Proteinurie. Alle hatten zwischen 2017 und 2018 entweder einen ACE-Hemmer oder einen ARB verschrieben bekommen.
Nur 29.883 Patienten, also etwa 30 % des gesamten Studienkollektivs, nahmen die maximale Dosis der nephroprotektiven Arzneimittel ein. Bei 74.287 Personen konnten die Forschenden keinerlei offensichtliche Kontraindikationen gegen eine Dosiseskalation (z.B. niedriger systolischer Blutdruck, geringe glomeruläre Filtrationsrate, Hyperkaliämie, akutes Nierenversagen innerhalb des vergangenen Jahres) feststellen. Auch in dieser Subgruppe nahmen allerdings nur 24.025, also rund 32 %, die maximal mögliche ACE-Hemmer- bzw. ARB-Dosis ein.
Folgende Faktoren prädisponierten für eine Unterdosierung: Alter < 40 Jahre, weibliches Geschlecht, ein niedriges Albumin-Kreatinin-Verhältnis, Fehlen eines Diabetes, Herzinsuffizienz, niedriger Blutdruck, erhöhter Serumkaliumspiegel sowie vorangegangenes akutes Nierenversagen. Auch die Betreuung durch einen Nephrologen erhöhte die Chancen auf eine Ausschöpfung der Pharmakotherapie nicht. Die Versorgung von Niereninsuffizienten mit nephroprotektiven Pharmaka muss dringend verbessert werden, fordert Prof. Chu angesichts dieser Beobachtungen.
Quelle: Chu CD et al. Mayo Clin Proc 2022; 97: 2099-2106; DOI: 10.1016/j.mayocp.2022.07.010