Niedrige Qualität, aber hohes Potenzial Mit marginalen Organen den Spenderpool erweitern

Autor: Nina Arndt

In Deutschland werden jährlich circa 750 postmortale Leberspenden durchgeführt – doch der Bedarf ist sehr viel höher. In Deutschland werden jährlich circa 750 postmortale Leberspenden durchgeführt – doch der Bedarf ist sehr viel höher. © New Africa – stock.adobe.com

Europaweit gibt es zu wenige postmortale Organspenden. Mit verschiedenen Strategien könnte man das Problem angehen, darunter die Widerspruchslösung, eine Organspende nach Herztod – und Maschinenperfusion. Letztere bietet viele Vorteile; eine längere Konservierung der Organe ist nur einer davon.

In Deutschland liegt die Zahl der jährlichen postmortalen Leberspenden bei ca. 750, mit leichten Schwankungen. Doch sehr viel mehr Menschen bräuchten eigentlich eine neue Leber. Der Organmangel bedingt, dass Spenderorgane in Betracht gezogen werden, die nicht die Bestimmungen für ein ideales Organ erfüllen, erklärte Prof. Dr. Christian Lange vom LMU Klinikum, München. Zu den Kriterien für ein solches marginales Organ zählen u. a. ein Spenderalter über 55 Jahre, ein längerer intensivstationärer Aufenthalt, eine Infektion mit Hepatitis B oder C oder eine Makrosteatosis der Leber von über 30 %. Solche Organe sind anfälliger für Ischämie-Reperfusionsschäden; die Aussicht auf ein Transplantatüberleben sinkt.

Seit einigen Jahren gibt es jedoch die Möglichkeit mittels Maschinenperfusion Spenderorgane zu konservieren, ihre Funktionalität zu prüfen – und die Organqualität zu verbessern. Man unterscheidet zwischen zwei Formen:

  • hypotherme oxygenierte Maschinenperfusion (HOPE)
  • normotherme Maschinenperfusion (NMP)

Wie der Name bereits verrät, wird bei HOPE das Organ mit gekühlter (4–10 °C), sauerstoffreicher Lösung perfundiert. So lassen sich DAMP (damage-associated molecular patterns) und andere toxische Metaboliten entfernen. Indem die Leber oxygeniert wird, erhöht sich die metabolische Funktion der Mitochondrien. Große randomisierte Studien ergaben, dass sich mit HOPE die Rate an biliären Komplikationen nach einer Lebertransplantation im Vergleich zur Lagerung auf Eis signifikant reduzieren lässt.

Bei NMP erfolgt die Perfusion bei 37 °C, man verwendet eine blutähnliche Perfusionslösung. Die metabolische Aktivität der Leber bleibt somit intakt. Der große Vorteil bei diesem Verfahren ist, dass man die Organfunktion unter physiologischen Bedingungen überprüfen kann, betonte der Referent. Organe, die man normalerweise nicht transplantieren würde, könne man so analysieren und dann ggf. doch verwenden.

Zudem lässt sich mittels NMP ein Spenderorgan für mehrere Tage aufbewahren und somit das Zeitfenster für die Operation erweitern. Forschende aus der Schweiz transplantierten als erste Gruppe eine Leber nach drei Tagen Perfusion. In einem experimentellen Setting ist sogar eine längere Konservierung von bis zu 13 Tagen möglich, wie ein Wissenschaftlerteam in Australien zeigte. Prof. Lange zufolge wird es in Zukunft möglich sein, Spenderlebern für mehrere Tage zu perfundieren.

Mithilfe von NMP lässt sich auch die Qualität der Spenderorgane verbessern und man kann sie ex-situ manipulieren. Wie verschiedene Studien zeigten, bietet das Verfahren beispielsweise das Potenzial, steatotische Lebern zu entfetten, Gallengänge zu regenerieren, proinflammatorische Immunzellen zu eliminieren und die Transplantattoleranz zu erhöhen (z. B. durch Herunterregulieren der Expression humaner Leukozytenantigene). Strategien zur Leberentfettung sind bereits so weit fortgeschritten, dass sie nun in einer randomisierten klinischen Arbeit, der „DeFat study“, untersucht werden sollen. Die Teilnehmenden bekommen eine mithilfe von NMP entfettete Leber transplantiert. Maschinenperfusion bietet demnach die Chance, die Organqualität und somit das Transplantationsoutcome zu verbessern sowie den Spenderpool zu erweitern.

* United European Gastroenterology

Quelle: Medical-Tribune-Bericht