Farbratten mit Leptospiren Nagerfans drohen schwere Verläufe bis hin zur Beatmungspflichtigkeit

Autor: Sabine Debertshäuser

Possierlich, aber nicht ungefährlich: Manche Ratten haben Leptospiren. Possierlich, aber nicht ungefährlich: Manche Ratten haben Leptospiren. © kittyfly - stock.adobe.com

Aus einer privaten Zucht holte sich eine Familie Farbratten ins Haus. Das brachte Vater und Tochter in Lebensgefahr.

Einige Monate, nachdem seine Tochter mit Perikarditis und Sepsis im Krankenhaus behandelt worden war, entwickelt ein Familienvater aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg Symptome, die einem Morbus Weil glichen. Sein Zustand verschlimmerte sich so weit, dass er beatmet werden musste. 

Bei der Tochter hatte man damals eine Listeriose vermutet. Später fanden sich bei beiden Familienmitgliedern Antikörper gegen Leptospiren, berichtet ein Autorenteam um Dr. Kaya Stollberg vom Bundesinstitut für Risikobewertung in Berlin. 

Die PCR wies Leptospiren im Rattenurin nach

Wie sich herausstellte, hielt die Familie drei Farbratten. Sie stammten aus der Zucht einer Privatperson aus Würzburg. Mittels PCR-Analyse des Urins gelang der Nachweis von Leptospiren. Der positive Befund wurde unverzüglich dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet. Weitere Recherchen ergaben, dass die Züchterin im Vorfeld bereits selbst an Leptospirose erkrankt war. 

Unabhängig von den Leptospirosefällen schaltete sich das Veterinäramt der Stadt Würzburg ein und beschlagnahmte bei der Frau wegen nicht-tiergerechter Haltung 120 Ratten. Die Nager kamen zunächst ins örtliche Tierheim und konnten später nach München und Lauterbach in Hessen weitervermittelt werden. Wenig später wurde eine Ratte im neuen Zuhause positiv auf Leptospiren getestet. In Stichproben von den Artgenossen im Tierheim konnten die Erreger ebenfalls nachgewiesen werden. Die betroffenen Tiere und ihre Rudel wurden getötet. 

Nun galt es, die neuen Zuhause der Ratten zu ermitteln, um über das potenzielle Infektionsrisiko und Schutzmaßnahmen zu informieren. Mit Online-Fragebogen wurden Auskünfte zu Erwerb der Nager, Symptomen und Risiken eingeholt. Die Halterinnen und Halter erhielten auch das Angebot, sich selbst und ihre Heimtiere auf akute bzw. stattgehabte Infektionen untersuchen zu lassen. Die sowohl bei Menschen als auch Ratten nachgewiesenen Erreger wurden übereinstimmend der Leptospira-interrogans-Serogruppe Icterohaemorrhagiae zugeordnet.

Vier Infektionen verliefen teilweise schwer

Der Leptospirose-Ausbruch, der auf die private Rattenzucht zurückzuführen war, resultierte in teilweise schweren Erkrankungen bei vier Personen. In sieben weiteren Fällen konnte im Serum eine bereits durchgemachte Infektion nachgewiesen werden. 

Die Ratten hatten meist keine oder wenig Symptome

Eine Vielzahl der Infektionen verläuft asymptomatisch oder mild und bleibt dadurch unerkannt. Auch die betroffenen Ratten zeigen meist keine oder nur leichte Symptome. Neben grippeähnlichen Beschwerden können Leptospiren beim Menschen aber auch Lungenblutungen, Meningoenzephalitiden und Nierenversagen auslösen. Das Autorenteam macht darauf aufmerksam, dass Kontakt zu Ratten als potenzieller Auslöser von Leptospirosen stärker berücksichtigt werden sollte.

Stollberg K et al. Epid Bull 2024; 27: 3-9; DOI: 10.25646/12214