Asthma und Nasenpolypen Nasal-pulmonale Verwandschaften

Autor: Manuela Arand

Multidisziplinarität soll verhindern, dass der 
Patient verloren geht. Multidisziplinarität soll verhindern, dass der Patient verloren geht. © PIC4U– stock.adobe.com

Fast 25 Jahre alt ist die Erkenntnis, dass Nase und Lunge eine immunologische Einheit bilden. Neu sind dagegen Konzepte, die chronische Rhinosinusitis und Asthma bronchiale gleichzeitig anpacken.

Chronische Rhinosinusitis mit Nasenpolypen (CRSwNP) und Asthma bronchiale zeigen pathomechanistische Ähnlichkeiten und treten häufig gemeinsam auf. Zwei von drei Patienten mit schwerem Asthma haben eine CRSwNP, bis zu 80 % einen Heuschnupfen, bis zu 35 % eine atopische Dermatitis, berichtete Prof. Dr. Vibeke Backer vom Rigshospitalet der Universität Kopenhagen.

Umgekehrt leiden mehr als 60 % der CRSwNP-Patienten zugleich an Asthma, wie die Pneumologin in einer eigenen Studie herausfand. „Die Hälfte dieser Patienten wusste gar nicht, dass sie Asthma hatten –sie waren nie nach Symptomen gefragt, nie diagnostiziert und nie behandelt worden.“ Unterschätzt werde oft auch die Bedeutung einer NSAR-Überempfindlichkeit, die bei CRSwNP sehr häufig vorkomme. 

STARR-15 für die Diagnostik heranziehen

Prof. Backer hat zusammen mit Kollegen einen Standardtest für Asthma, allergische Rhinitis und chronische Rhinosinusitis entwickelt, den sie STARR-15 nennen, weil er 15 Symptome abfragt. Diese lassen sich in drei Gruppen einteilen: Die erste ist  mit Nasen/Augenjucken, Niesen, Triefnase und saisonaler Variabilität der Symptome dem Heuschnupfen zugeordnet. Die zweite spiegelt mit Gesichtsschmerz, blockierter Nasenatmung und Geruchsverlust die chronische Rhinosinusitis und die dritte mit Husten, Atemnot, Giemen, Brustenge sowie Problemen beim Sport das Asthma. In der Validierungsstudie konnte STARR-15 zuverlässig erfassen, ob Patienten an einer oder mehrerer dieser Erkrankungen leiden.

Um betroffene Patienten gut zu managen, braucht es ein multidisziplinäres Ärzteteam. Nur so lässt sich sicherstellen, dass das Krankheitsbild in seiner ganzen Komplexität erkannt wird und der Patient nicht irgendwo im System verloren  geht. Eine Gruppe von Spezialisten, die sich selbst ULANC – Upper and Lower Airways Northern European Consensus – nennt, hat sich im Web zusammengesetzt, um bessere Konzepte für die Betreuung von Patienten mit Asthma und CRSwNP zu entwickeln. Ihrer Auffassung nach sollte am Anfang eine symptomzentrierte Untersuchung stehen, die typische Beschwerden der oberen und unteren Atemwege erfasst. Diese stimmen in weiten Teilen mit dem STARR-15 überein. Als zentrales Symptom, das CRSwNP gegen Asthma, aber auch gegen die chronische Rhinosinusitis ohne Polypen abgrenzt, hat sich der Geruchsverlust erwiesen. 

Erste Managementempfehlungen wurden ebenfalls bereits erarbeitet, die Exazerbationen und Atemwegsremodeling vorbeugen sollen: Zum einen NSAR meiden, wenn eine Intoleranz besteht, und zum anderen die Indikation für Medikamente prüfen, welche die eosinophile Entzündung unterdrücken. 

Inzwischen sind viele Biologika sowohl fürs Asthma als auch für die CRSwNP zugelassen, sodass eine breite Palette an antiinflam-matorischen Optionen besteht, jenseits von nasalen und inhalativen Steroiden. Prof. Backer bedauerte, dass Biologika laut Zulassung erst eingesetzt werden dürfen, wenn der CRSwNP-Patient die erste Polypenoperation bereits hinter sich hat – sie würde diesen Schritt gerne vielen Betroffenen ersparen.      

Kongressbericht:  ERS* International Congress 2022

*    European Respiratory Society