Diabetes-Diagnostik Neuer Goldstandard auch in der Früherkennung?

Autor: Antje Thiel

Aus Sicht von Forschenden könnten CGM-Systeme inzwischen für weitere Möglichkeiten eingesetzt werden. Aus Sicht von Forschenden könnten CGM-Systeme inzwischen für weitere Möglichkeiten eingesetzt werden. © habrovich – stock.adobe.com

Für Menschen mit insulinpflichtigem Diabetes sind Glukosesensoren längst unverzichtbarer Bestandteil ihrer Therapie. Doch Forschende sehen mittlerweile etliche weitere Einsatzmöglichkeiten für CGM-Systeme – etwa in der Früherkennung von Typ-1-Diabetes oder von Vorstufen von Typ-2-Diabetes. 

Die kontinuierliche Glukosemessung (CGM) könnte dazu eingesetzt werden, noch vor der Manifestation eines Typ-1-Diabetes den Übergang von der Normoglykämie zur Dysglykämie besser vorherzusagen. Voraussetzung hierfür sind allerdings entsprechende Antikörpernachweise. „Menschen, bei denen mindestens zwei Insel-Autoantikörper vorliegen, haben ein Lebenszeitrisiko von 100 %, an einem Typ-1-Diabetes zu erkranken“, erklärte Professor Dr. Tadej Battelino von der Universität Ljubljana. Bei Betroffenen im Stadium 2 (≥ 2 Inselantikörper nachgewiesen, Dysglykämie; Nüchternblutzucker 100–125 mg/dl und/oder Blutzuckerwert von 140–199 mg/dl zwei Stunden nach oGTT) bestehe ein Risiko von etwa 74 %, dass sich innerhalb der nächsten vier Jahre ein Typ-1-Diabetes manifestiert.

CGM bei Prädiabetes: Diese Grenzwerte könnten sinvoll sein

Auch beim CGM-Einsatz bei Prädiabetes fehlen klare Definitionen. „Man kann nicht einfach dieselben Grenzwerte ansetzen wie beim Typ-2-Diabetes“, so Professor Dr. Anders L. Carlson, Minneapolis. Sinnvoller als die „Zeit im Zielbereich“ (70–180 mg/dl) sei möglicherweise die Orientierung an der „Zeit im engen Zielbereich“ (70–140 mg/dl) oder gar an der „Zeit im sehr engen Zielbereich“ (70–120 mg/dl), erklärte er mit Blick auf eine Studie, in der CGM-Profile von Menschen ohne Diabetes ausgewertet worden waren.

Kinder, die an Früherkennungsprogrammen wie Fr1DA oder der GPPAD Study Group teilnehmen, müssen sich bis dato regelmäßig einem oralen Glukosetoleranz-Test (oGTT) unterziehen, damit der Übergang von Stadium 2 zu Stadium 3 (insulinpflichtiger Diabetes) rechtzeitig erkannt wird. „Aber Kinder hassen den oGTT und auch die Behandlungsteams sind nicht begeistert, weil der oGTT oft dazu führt, dass sich die Kinder übergeben müssen“, meinte Prof. Battelino. „Wenn wir eine Chance haben, in der Früherkennung des Typ-1-Diabetes auf den oGTT zu verzichten, sollten wir sie nutzen.“

Ziel: einheitliches Konsensus-Statement mit Grenzwerten 

Aus seiner Sicht könnte man antikörperpositive Patient*innen auch durch regelmäßigen Einsatz von CGM überwachen. Prof. Battelino präsentierte aktuelle Studien, in denen man mithilfe komplexer statistischer Berechnungen versucht hat, geeignete Grenzwerte zu ermitteln. Sein vorläufiges Fazit: Wer laut CGM 8–10 % der Zeit oberhalb von 140 mg/dl verbringt, befindet sich ungefähr im selben Diabetesstadium wie jemand, bei dem zwei Stunden nach einem OGTT ein Blutzuckerwert von 120–200 mg/dl gemessen wurde. Mehr als 15 % Glukosewerte >140 mg/dl könnten den Übergang zum manifesten Typ-1-Diabetes markieren. Ziel müsse es sein, ein entsprechendes international einheitliches Konsensus-Statement für die klinische Praxis zu erarbeiten, aus dem sowohl die CGM-Grenzwerte als auch die Frequenz des CGM-Einsatzes hervorgehen.

ATTD 2024