Nicht ohne Diabetes: Sanofi verändert Geschäftsstruktur, aber Diabetes soll im Kern erhalten bleiben
Wie ist die Versorgung von Diabetes- und Herzkreislauf-Patienten in diesem und den nächsten Jahren gewährleistet? Müssen Betroffene umgestellt werden? Wenn ja, für welche Präparate?
Dr. Fabrizio Guidi: Der CEO von Sanofi, Paul Hudson, hat im Dezember 2019 die neue Strategie des Unternehmens zur Stärkung von Innovationen und Wachstum vorgestellt. Dazu werden wir uns auf neuartige Therapieansätze fokussieren.
Diese Neuausrichtung bedeutet aber nicht, dass unsere Arbeit in anderen Bereichen beendet ist. Wir sind stolz auf unsere langjährige Geschichte in der Therapie des Diabetes mellitus und von Herzkreislauf-Erkrankungen. Wir werden daher auch weiterhin mit unserem Engagement die wissenschaftliche Gemeinschaft und die von diesen Erkrankungen betroffenen Menschen mit unseren Arzneimitteln, Services, integrierten digitalen Lösungen sowie Schulungsprogrammen unterstützen. So bleiben zum Beispiel Lantus®, Toujeo®, Apidra® und Insulin lispro Sanofi® wesentliche Optionen zur Behandlung von Millionen Menschen mit Diabetes, die Insulin benötigen. Dazu werden ca. eine Million Pens wie der SoloStar® pro Tag hergestellt. Gerade neu in Deutschland eingeführt haben wir zum 1. Januar 2020 die Fixkombination Insulin glargin 100 E/ml und Lixisenatid (Suliqua®). Die Zulassung von Suliqua® basiert u.a. auf der LixiLan-L-Studie mit über 700 Patienten.
Was genau wurde bzw. soll eingestellt werden? Welche Studien und Entwicklungsprogramme sind etwa betroffen?
Prof. Dr. W. Dieter Paar: Bereits laufende Studien zu Efpeglenatide werden natürlich gemäß Studienprotokoll zu Ende geführt. Sanofi wird das Produkt nicht vermarkten, um die Ressourcen stärker an den neuen strategischen Zielen auszurichten.
Gilt der Rückzug in der Forschung sowohl für Typ-1- als auch für Typ-2-Diabetes?
Prof. Paar: Mit Blick auf die Ursachen des Typ-1-Diabetes wird Sanofi weitere Forschungsprojekte initiieren. Dafür werden Synergien zwischen unserer erfolgreichen Immunologie-Gruppe und der erfahrenen Metabolismus-Gruppe verstärkt genutzt werden. Außerdem werden wir auch in Zukunft interventionelle sowie nicht-interventionelle Studien mit unseren Insulinen durchführen, um deren Evidenz weiter zu vergrößern.
Welche Auswirkungen hat die Neuausrichtung auf die langjährige Aufklärungs-Aktion „Wissen was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7“?
Dr. Guidi: Den Daten der IDF* vom November 2019 zufolge liegt die Prävalenz des Diabetes in Deutschland bei 15,3 % mit 9,5 Millionen Betroffenen. Dabei ist davon auszugehen, dass ihre Zahl weiter steigen wird. Dies unterstreicht die Bedeutung der von Sanofi 2005 initiierten Aufklärungsaktion „Wissen was bei Diabetes zählt: Gesünder unter 7 Plus“, die genau aus diesem Grund im Jahr 2020 mit vielen Partnern fortgeführt wird. Erste Station der diesjährigen Aktion wird am 23. April in Viernheim sein.
Wie vollständig ist der Rückzug im Bereich von Neuentwicklungen und Kooperationen im Diabetessektor, etwa in Bezug auf die kürzlich bekanntgegebene Partnerschaft mit Abbott zur Verlinkung mit FreeStyle Libre?
Dr. Guidi: Unser Unternehmen bekräftigt mit den neuen Entwicklungspartnerschaften für spezielle Integrated Care Lösungen, die auf unser Insulinportfolio zugeschnitten sind, das ungebrochene weltweite Engagement von Sanofi für Menschen mit Diabetes. Integrated Care ist ein wichtiger Bestandteil.
So werden wir mit Abbott zusammenarbeiten, um Technologien zur Glukosemessung und Insulinverabreichung zu integrieren, die dazu beitragen können, das Diabetesmanagement von Betroffenen weiter zu vereinfachen. Darüber hinaus haben wir einen Exklusivvertrag mit Biocorp geschlossen. Ab 2020 wird Sanofi eine intelligente Sensorkappe auf den Markt bringen, die mit dem SoloStar® genutzt werden kann. Diese Sensorkappe wird Menschen mit Diabetes helfen, die Insulindosen zu erfassen und anzupassen, um ihre tägliche Behandlung zu optimieren.
* International Diabetes Federation
Interview: Medical Tribune