Phylloidtumoren wachsen schnell auf Fußballgröße und erfordern häufig eine radikale OP

Autor: Dr. Susanne Gallus

Innerhalb weniger Jahre ist dieser gigantische Tumor gewachsen. Innerhalb weniger Jahre ist dieser gigantische Tumor gewachsen. © Kolia AK et al. J Surg Case Rep 2020; 4: 1-3; DOI: 10.1093/jscr/rjz410 (CC BY-NC 4.0)

Wenn sich die Brust einer Patientin in relativ kurzer Zeit stark vergrößert und verformt, könnte ein phylloider Tumor dahinterstecken. Zwar ist er meist gutartig – um einen größeren Eingriff kommt man aber nicht herum.

Mit einem 26 cm großen Geschwür an der linken Brust kommt eine 38-Jährige ins ambulante Brustzentrum. Schon vor zwei Jahren war bei der Mammographie eine lappenartige Wucherung mit weichen, umschriebenen Rändern aufgefallen, schreiben Aikaterini­ K. Kolia­ vom Hippocratio-Krankenhaus der Nationalen und Kapodistrias-Universität Athen und Kollegen. Die Ärzte stellen an der harten, gelappten Wucherung mit oberflächlicher Venenstruktur ein Ulkus fest. Die Lymphknoten sind unauffällig, es tritt kein Brustdrüsensekret aus.

Biphasische Neo­plasie aus Epithel und Stroma

In der CT zeigt sich die vordere Brustwand geschwollen mit Bereichen geringer Dichte. Der Radio­loge bewertet dies als potenzielle Infiltration des M. pectoralis major. Im Feinnadelbiopsat finden sich Stromazellen, was für eine fibro­epitheliale Läsion spricht. Ärzte und Patientin entscheiden sich für eine Mastektomie, die die Chirurgen so vorsichtig wie möglich durchführen, um genug Gewebe des gro­ßen Brustmuskels für die Rekonstruktion mittels Gewebeexpander zu erhalten. Der Eingriff verläuft gut, die Patientin erholt sich ohne Folgekomplikationen­.

Die Pathologen befunden ein grenzwertiges, nicht-invasives Cystosarcoma phylloides. Das Zys­tosarkom (auch Phylloidtumor genannt) ist eine biphasische Neo­plasie, die aus einem epithelialen und einem Stromaanteil besteht. Ein Problem bei diesen Tumoren ist, dass sie histologisch oft nur schwer von den wesentlich häufiger vorkommenden Fibroadenomen zu unterscheiden sind, so die Autoren. Auch die Bestimmung des Malignitätspotenzials gestaltet sich nicht einfach. In der Regel ist eine großflächige Exzision des Tumors notwendig. Bei großen Sarkomen lässt sich eine Mastektomie häufig nicht vermeiden.

Malignitäts­bestimmung

Je nachdem, wie stark sich die Neoplasie ins Gewebe drängt, sowie abhängig von Zellkern­atypie und Zellteilungsgeschwindigkeit unterscheidet man geringgradige (gutartige), mittelgradige (grenzwertige) und hochgradige (maligne) Tumoren. Die Rezidivraten liegen entsprechend bei 10–17 %, 14–25 % und 23–30 %. Knapp jedes zehnte maligne Zystosarkom bildet Metastasen, hauptsächlich in Lunge und Knochen.

Nutzen adjuvanter Therapien wird kontrovers diskutiert

Durch die mittlerweile zur Verfügung stehenden modernen Gewebeexpander und Brustimplantate besteht oft die Möglichkeit, direkt an die Mastektomie eine Brustrekonstruktion anzuschließen – wie auch in dem beschriebenen Fall. Der Nutzen von adjuvanten Radio- oder Chemotherapien bei Phylloidtumoren wird kontrovers diskutiert. Leitlinien schlagen eine Radiotherapie nur zur lokalen Kontrolle vor, wenn eine operative Lösung nicht infrage kommt. Einzelne Studien weisen allerdings darauf hin, dass eine Radiotherapie bei malignen Formen Rezidive verhindern kann, insbesondere wenn brusterhaltend operiert wurde. Chemotherapeutisch werden derzeit nur Patienten behandelt, bei denen der Tumor gestreut hat.

Quelle Text und Abb.: Kolia AK et al. J Surg Case Rep 2020; 4: 1-3; DOI: 10.1093/jscr/rjz410