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ctDNA-Assays Präziser Einblick

ESMO 2023 Autor: Dr. Miriam Sonnet

Beim CAPP-Sequencing wird die Plasma-DNA ultrahoch sequenziert und ermöglicht es spezifische Mutationen zu identifizieren. Beim CAPP-Sequencing wird die Plasma-DNA ultrahoch sequenziert und ermöglicht es spezifische Mutationen zu identifizieren. © vitstudio – stock.adobe.com
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Therapieansprechen und Prognose von Lymphompatient:innen lassen sich mittels ctDNA-Analyse vorhersagen. Assays der zweiten Generation bieten eine höhere Sensitivität als bisherige Methoden. Die ctDNA liefert zudem Informationen zu genetischen Alterationen.

Die ctDNA ist ein hilfreicher Biomarker für Personen mit Lymphomen und anderen Krebserkrankungen, konstatierte Prof. Dr. ­David ­Kurtz, Stanford University. Als Beispiele für den Einsatz von ctDNA-Assays nannte er die Genotypisierung, die Analyse des molekularen Ansprechens während der Therapie und die Messung von verbleibender Krankheitslast nach einer Behandlung. Mittels PCR-basierter Methoden und NGS-Ansätzen lässt sich die ctDNA detektieren. Um eine geeignete Technologie zu wählen, solle man sich unter anderem fragen, was das Ziel der Untersuchung ist, betonte der Referent: Geht es nur um die MRD oder auch darum, Treibermutationen zu finden

Das CAPP*-Sequencing bietet die Möglichkeit, Plasma-DNA ultrahoch zu sequenzieren und dadurch viele patient:innenspezifische Mutationen zu identifizieren. Am Anfang steht eine Populations-Level-Analyse, um ein Panel zu bilden, das möglichst viele wiederholt mutierte Regionen des Genoms abbildet. Anschließend lassen sich krebsspezifische Alterationen finden, indem beispielsweise eine Tumor- oder Plasmaprobe vor der Therapie sequenziert wird. Durch die Analyse serieller Plasmaproben könne man Mutationen während der Behandlung tracken, erläuterte der Experte, und verdeutlichte dies anhand eines Fallbeispiels. Bei einer Frau mit DLBCL im Stadium II sequenzierten die Kolleg:innen Tumor- und Plasmaproben vor der Therapie und identifizierten 42 gemeinsame Mutationen, darunter solche in TP53, CREBBP und STAT6. Die Patientin wurde mit R-CHOP behandelt und sprach gut darauf an. Die meisten ctDNA-Mutationen, die die Forschenden per CAPP-Sequenzierung während der Behandlung im Plasma verfolgten, konnten zum Zeitpunkt eines partiellen Ansprechens in der PET nicht mehr detektiert werden. Einige Alterationen blieben aber bestehen und sagten einen Krankheitsprogress vorher. Die Frau erhielt daraufhin eine platinbasierte Chemotherapie sowie eine autologe Stammzelltransplantation und erzielte daraufhin ein komplettes Ansprechen in der PET. Eine einzelne ctDNA-Alteration war allerdings weiter vorhanden, die wiederum zu einem Krankheitsprogress führte. Die Patientin starb. Der Fall verdeutliche, warum es so wichtig sei, viele Mutationen pro Person zu tracken, betonte Prof. ­Kurtz. Durch die erhöhte Sensitivität der Methode gebe es mehrere Möglichkeiten, die Krankheit bei geringer Tumorlast zu detektieren, außerdem liefere sie weitere biologische Informationen. 

Die ctDNA-Analyse mittels CAPP-Sequenzierung korreliere mit dem International Prognostic Index, dem metabolischen Tumorvolumen und dem ereignisfreien Überleben – das wiesen die Kolleg:innen in einer Studie nach. Patient:innen mit höheren ctDNA-Werten hatten eine schlechtere Prognose. Darüber hinaus erwiesen sich frühe Veränderungen der ctDNA während der Front-Line-Therapie des DLBCL als hoch prognostisch. Der Biomarker lasse sich generell über verschiedene Behandlungslinien nutzen – zum Beispiel im Zuge einer CAR-T-Zell-Therapie in der zweiten Linie.

Auch beim Myelom erfolgreich

ctDNA-Analysen sind auch für andere Entitäten von Vorteil – beispielsweise für das Multiple Myelom. In einer Studie sagten Forschende so das Ansprechen von Patient:innen auf eine BCMA-CAR-T-Zell-Therapie vorher. Zudem entdeckten sie eine sich während der Behandlung entwickelnde BCMA-Deletion als Resistenzmechanismus gegenüber den CAR-T-Zellen. 

ctDNA-Assays der ersten Generation verfügten jedoch über eine geringe Sensitivität, hob der Experte hervor. Beispielsweise sei es durch CAPP-Sequenzierung und andere Methoden nur schwer möglich, ctDNA am Ende der Therapie, z.B. nach sechs Zyklen R-CHOP, zu messen. Abhilfe schafft das PhasED-Seq**, das dies mit einer mindes­tens 100-fach höheren Sensitivität (ca. ­1 x ­10-6) schafft. Die Methode basiert auf der Detektion mehrerer Mutationen eines DNA-Strangs, erläuterte Prof. Kurtz. In einer gepoolten Analyse von 93 Erkrankten mit DLBCL wurden durch eine ctDNA-Bestimmung mittels PhasED-Seq am Ende der Therapie PFS-Ereignisse mit einer 90%igen Sensitivität identifiziert. 97 % der MRD-negativen Personen blieben nach einem medianen Follow-up von 17 Monaten ohne Progress.

Liquid Biopsies können aber noch mehr: Zum Beispiel lassen sich durch sie Treibermutationen finden. „Diese Information kann für verschiedene Zwecke genutzt werden, darunter die Identifizierung molekularer Subtypen“, so der Referent. Darüber hinaus ließen sich Resistenzmechanismen wie resistente Subklone bestimmen. Wissenschaftler:innen berichteten in einer kürzlich publizierten Studie über die Entstehung von unter anderem CD19-Mutationen in ctDNA mittels CAPP-Sequenzierung während einer CAR-T-Zell-Therapie.
Die ctDNA-Forschung bei anderen hämatologischen Krebsarten ist in vollem Gange, schloss der Referent (s. Kasten). Um die Analyse in die klinische Praxis zu bringen, bräuchte es Studien, in denen ctDNA zur Therapieentscheidung genutzt wird. 

* Cancer Personalized Profiling by Deep Sequencing
** Phased Variant Enrichment & Detection Sequencing

Quelle: Kurtz D. ESMO Congress 2023; Vortrag „Liquid biopsy in lymphoma“