Rekonstruktion des oberen Verdauungstrakts mittels Jejunumtransplantat
Im Jahr 2012 wurde bei der Frau erstmals die Diagnose eines Hypopharynx-Karzinoms gestellt. Der Tumor konnte damals kehlkopferhaltend reseziert werden, zusätzlich erfolgte eine selektive Neck-Dissektion und eine adjuvante Radiochemotherapie. Jetzt stellte sie sich mit Verdacht auf eine postradiogene Ösophagusstenose vor, die sich aber als zirkulär postcricoidal wachsendes Tumorrezidiv mit Infiltration des proximalen Ösophagus entpuppte.
Die vollständige operative Entfernung des Plattenepithelkarzinoms stellte in dieser Situation den einzigen kurativen Ansatz dar, schreiben Dr. Harmut Koch von der Abteilung für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde, Plastische Operationen und Allergologie an der Asklepios-Klinik Altona und Kollegen. Eine erneute Bestrahlung kam zu diesem Zeitpunkt aufgrund der Toxizität der Behandlung nicht infrage, eine Chemotherapie allein wäre nicht ausreichend gewesen.
Die Kollegen führten daher in typischer Weise eine Laryngo-Pharyngektomie und bereiteten dabei die benötigten arteriellen und venösen Anastomosengefäße vor. Sämtliche Schnittränder waren nach der En-bloc-Resektion tumorfrei.
Anschließend entnahmen die hinzugezogenen Viszeralchirurgen ein etwa 12 cm langes Transplantat aus dem mittleren Dünndarmsegment mit ausreichend langem Gefäßstiel, das mikrovaskulär an die vorbereiteten Gefäße angeschlossen werden konnte. Durch Schleimhautnähte stellten die Kollegen die Kontinuität des Schlunds mithilfe des Transplantats wieder her.
Nach vier Wochen trat eine pharyngokutane Fistel auf
Nach zweiwöchiger oraler Nahrungskarenz zeigte sich im Röntgen-Breischluck eine kontinuierliche Passage, sodass der orale Kostaufbau begonnen werden konnte.
Verkompliziert wurde der Verlauf noch durch eine vier Wochen nach dem Eingriff auftretende pharyngokutane Fistel, die sich als eine 1-Centstück-große Öffnung der Schlundanastomose am Zungengrund präsentierte. Durch Übernähen und anschließendes Absichern der Naht durch eine myokutane Lappenplastik ließ sich das Problem lösen.
Zurzeit ist die Patientin zu Hause und kann sich uneingeschränkt oral ernähren, erklären die Autoren. Um ihr auch das Sprechen wieder zu ermöglichen, sei die Einlage einer Stimmprothese geplant.
Die Verwendung freier Jejunumtransplantate zur Herstellung der Kontinuität im oberen Verdauungstrakt wurde bereits 1959 beschrieben – seither ist diese Technik immer weiter verbessert worden. Vorteil gegenüber der Verwendung von Haut-Faszien-Lappen sind die spezifischen Schleimhaut-Eigenschaften des Dünndarmstücks wie Sekretbildung und Selbstreinigungsmechanismen.
Voraussetzung für das Gelingen dieser komplizierten Operation ist die enge Zusammenarbeit zwischen Kopf-Hals- und Viszeralchirurgen, schreibt Dr. Koch. Auch die intensive Pflege und Anleitung der Patienten durch geschultes Personal ist von großer Bedeutung.
Quelle Text und Abbildungen: Koch H et al. Hamburger Ärzteblatt 2019; 73: 28-29 © Hamburger Ärzteverlag, Hamburg