Brustkrebs Retrospektive Multicenter-Analyse offenbart hohe Falsch-Negativ-Rate

DGS 2024 Autor: Birgit-Kristin Pohlmann

Der Verzicht auf ALND bei frühem Brustkrebs nach Therapie bleibt umstritten. Der Verzicht auf ALND bei frühem Brustkrebs nach Therapie bleibt umstritten. © vegefox.com – stock.adobe.com

Ob bei Erkrankten mit frühem Brustkrebs und initial positivem Nodalstatus auf eine axilläre Lymphknoten-Dissektion verzichtet werden kann, wenn sie nach primärer systemischer Therapie keine befallenen Lymphknoten mehr aufweisen, wird kontrovers diskutiert. Eine retrospektive Analyse liefert nun Daten zur Versorgungsrealität.

Die Chemotherapie habe beim frühen Mammakarzinom nicht nur für das lokoregionäre Downstaging, sondern auch für die Optimierung der post-neoadjuvanten Behandlung an Bedeutung gewonnen, betonte Maria Thurmann, HELIOS Klinikum, Berlin-Buch. Bezüglich der axillären Chirurgie bestünden jedoch weiterhin Unklarheiten, speziell im Fall von Patient:innen mit initial positivem Nodalstatus (cN+), die nach primärer systemischer Therapie keine befallenen Lymphknoten mehr aufweisen (ycN0). Die Hoffnung sei, hier auf die axilläre Lymphknotendissektion (ALND), die heute als Standard gilt, verzichten zu können.

Im Rahmen einer von Thurmann präsentierten retrospektiven Analyse wurde die lokoregionäre Ansprechrate nach primärer systemischer Therapie in Abhängigkeit vom Nodalstatus und der axillären Chirurgie evaluiert. Die Untersuchung basiert auf den Daten von 720 Erkrankten mit mehrheitlich (93,3 %) invasiv duktalem Mammakarzinom aus fünf deutschen, zertifizierten Brustzentren. Alle Patient:innen hatten zwischen 2018 und 2022 eine primäre systemische Therapie erhalten. Initial wies knapp die Hälfte (n = 309/720) befallene Lymphknoten (cN+; mehrheitlich cN1) auf. Fast 90 % hatten einen cT1/cT2-Tumor und jeweils knapp zwei Drittel ein G3- bzw. ein östrogenrezeptorpositives Karzinom. Die häufigste Form des axillären Eingriffs war die Sentinelnodebiopsie (SLNB: 59,2 %) gefolgt von der ALND (27,8 %).

Laut Bildgebung erreichten 203 der 309 Erkrankten mit initialem cN+ unter der primären systemischen Therapie einen ycN0-Status. Histopathologisch war jedoch in 71 Fällen noch ein Tumor nachzuweisen (pN+), erläuterte Fr. Thumann. Die Falsch-Negativ-Rate betrug damit 35 %. Bei 132 der von cN+ zu ycN0 konvertierten Personen (65 %) wurde der postoperative negative Nodalstatus (ycN0) durch die Patholog:innen bestätigt. Unter den 409 Patient:innen, die initial cN0 waren, betrug die Falsch-Negativ-Rate knapp 10 %: In 40 Fällen detektierten die Patholog:innen histologisch einen Tumor (ypN+).

Ausgezeichnet

Maria Thurmann wurde Preisträgerin für den besten freien Vortrag auf der diesjährigen 43. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Senologie. 

ALND trotz klinischer Konversion

In der Gruppe der 203 konvertierten Personen (initial cN+ zu ycN0) erhielten 41 eine SLNB (20 %) und 72 eine TAD* (35 %). Bei den verbliebenen 90 Erkrankten wurde eine ALND durchgeführt, von denen die Hälfte (n = 49/90) einen ypN0-Status aufwies.
Diejenigen ohne Konversion (n = 81/309) erhielten mehrheitlich eine ALND (79 %) gefolgt von 18,5 % mit TAD. 24 der 81 Personen wiesen laut histopathologischem Befund trotz ycN+ und initial cN+-Situation einen ypN0-Status auf, was eine Falsch-Negativ-Rate von 30 % bedeute, so Fr. Thurmann.

Fr. Thurmann resümierte: Für initial cN0-Erkrankte und pN+ nach primärer systemischer Therapie ergab sich eine Falsch-Negativ-Rate von 9,8 %. In der Gruppe derjeniger mit klinischer Konversion (cN+ zu ypN0) betrug die Rate 35 %. In Anbetracht der Abhängigkeit der post-neoadjuvanten und lokoregionären Therapieentscheidung vom ypN-Status geben die Daten damit keinen Hinweis darauf, bei klinischer Konversion (cN+ zu ycN0) auf eine ALND zu verzichten, resümierte die Vortragende.

*    targeted axillary dissection

Quelle:
Thurmann M. 43. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag: „Axilläres Downstaging mit neoadjuvanter Chemotherapie: Eine retrospektive multizenter Analyse von 720 Patientinnen“