Giemen Schwelle für einen Röntgenthorax zur Ursachenfindung nicht zu hoch ansetzen

Autor: Stefanie Menzel

Giemen kann viele Ursachen haben. Giemen kann viele Ursachen haben. © Bipul Kumar – stock.adobe.com

Wiederkehrendes Giemen wird bei so manchem kleinen Patienten fälschlicherweise als Asthmasymptom interpretiert. Ein Kinderpneumologe erläutert, welche anderen Diagnosen dahinterstecken können und wie man ihnen auf die Spur kommt.

Wenn ein Giemen trotz Inhalationen, Antibiotika usw. nicht weggeht, sollte man auch bei Kindern unabhängig vom Alter einen Röntgenthorax veranlassen. Wie Prof. Dr. Wolfgang Kamin vom Evangelischen Krankenhaus in Hamm erklärte, umfasst die Diagnostik bei rezidivierendem Giemen außerdem IgE-Bestimmung, Allergietests und eine Lungenfunktionstestung. Letztere ist – entsprechend geschulte MFA vorausgesetzt – bereits ab einem Alter von drei bis vier Jahren möglich, so die Erfahrung des Kinderpneumologen. Der Schweißtest hingegen habe seit Einführung des Mukoviszidosescreenings bei Neugeborenen an Bedeutung verloren.

Über das Röntgenbild lässt sich beispielsweise eine kongenitale pulmonale Atemwegsmalformation (CPAM) als Ursache für das Giemen gut erkennen. Diese Fehlbildung beschränkt sich meist auf einen Lappen und kann operativ behoben werden, führte Prof. Kamin weiter aus. Geschieht dies frühzeitig, wächst die Lunge nach, sodass in der Pubertät kaum mehr eine reduzierte Lungenfunktion messbar ist.

Ebenfalls von Geburt an kann ein lobäres Emphysem bestehen, das stetig an Größe zunimmt und „die gesunde Lunge letztlich platt drückt“. Leitsymptome des Emphysems sind akutes Giemen, Tachypnoe und respiratorische Partialinsuffizienz. Auch fehlgebildete Gefäße können ursächlich sein, z.B. ein gedoppelter Aortenbogen.

Eine bronchogene Zyste stellt sich in der Bildgebung als fremdkörperähnliche Beule dar. Diese sitzt in der Regel unterhalb der Bifurkation, gewinnt mit den Jahren an Größe und drückt schließlich auf die Trachea. Dies erschwert das Abhusten von Schleim, was zu Retentionspneumonien führen kann. Eine chirurgische Entfernung der Zyste erfolgt bei den Patienten allerdings meist verzögert im Alter von sechs bis zwölf Jahren.

Anamnestische Hinweise auf Kontakt zu Weide- oder Wildtieren sollten an eine Echinokokkose als Grund für das Giemen denken lassen. Diese ist insbesondere nach Aufenthalt in Mittelmeerländern und Umgang mit z.B. Schafen nicht selten, berichtete der Kinderpneumologe. Ein Verdacht lässt sich oft bereits sonografisch abklären.

Ist das Giemen ein Überbleibsel einer Pneumonie, kann dies von verbliebenem Infiltrat herrühren. Die Abgrenzung gegenüber einer Atelektase gelingt sonografisch. Mit ACC löst sich der Plug meist nach kurzer Zeit. Nicht selten sind Pneumonien im Kindesalter auf Mykoplasmen oder RSV zurückzuführen, erläuterte Prof. Kamin. Die rasche Gabe von Steroiden ist in diesen Fällen unumgänglich. Ansonsten droht mittelfristig ein Swyer-James-Syndrom (Syndrom der einseitig hellen Lunge), bei dem ein Verlust der Lunge droht. Hinter dem Giemen kann auch eine Tuberkulose stecken. Anamnestisch ist deshalb nach möglicherweise infizierten Familienmitgliedern zu fragen, mit denen das Kind Kontakt hat/hatte.

Leicht auf einem Röntgenbild zu erkennen sind zudem eingeatmete Fremdkörper. Kinder werden manchmal monatelang mit Inhalationen und Antibiotika behandelt, weil niemand an eine Fremdkörperaspiration denkt. Eine frühzeitige Bildgebung kann diese unnötigen Therapien ersparen, betonte Prof. Kamin. Ein Sonderfall sind in diesem Zusammenhang schwerst retardierte Kinder, bei denen die Atembeschwerden durch chronisches Aspirieren ausgelöst werden können. Als weitere Gründe für persistierendes Giemen nannte der Spezialist außerdem intra- und extralobuläre Sequester  – und eine noch nicht diagnostizierte Mukoviszidose.    

Quelle: Jahrestagung der Westdeutschen Gesellschaft für Pneumologie (WdGP) 2024