Bluthochdruck Single-Pill-Konzept vereinfacht Therapien

Fortbildung , Medizin und Markt Autor: Maria Weiß

Hypertonie wird hierzulande nur bei jedem Zweiten ausreichend kontrolliert. Hypertonie wird hierzulande nur bei jedem Zweiten ausreichend kontrolliert. © BillionPhotos.com– stock.adobe.com

Menschen mit Hypertonie müssen oft viele Ta­bletten täglich schlucken – eine Belastung, die nicht jeder Patient auf Dauer mitmacht. Kombinationspräparate und Ein-Tabletten-Therapien verbessern die Adhärenz und damit Prognose und Behandlungserfolg deutlich.

Für Hochdruckpatienten bis 65 Jahre gilt ein systolischer Blutdruck von ≤ 130 mmHg als Behandlungsziel – sofern der Betreffende das verträgt. Bei älteren Menschen liegt dieser Bereich bei 130–139 mmHg. Man sollte sich stets vor Augen halten, was sich durch die Drucksenkung für die Patienten erreichen lässt, sagte Dr. ­Dieter ­Enders, Internist und Kardiologe in Bad Elster. Jede Absenkung des systolischen Drucks reduziert das Risiko für Schlaganfall, Herz­insuffizienz oder kardiovaskuläre Ereignisse, bzw. senkt die Mortalität.

Doch eine leitliniengerechte Druckminderung lässt sich nicht ohne Weiteres erreichen, meinte der Experte: In Deutschland ist Hypertonie gerade einmal bei jedem zweiten Betroffenen ausreichend kontrolliert.

Dipping durch 24-Stunden-Messung erkennen

Vor Beginn der Behandlung sollte möglichst eine Langzeit-Blutdruckmessung über 24 Stunden erfolgen, empfahl der Kardiologe. Nur so könne man erkennen, ob es in der Nacht zum physiologischen Druckabfall, dem sogenannten Dipping, kommt. Non-Dipper mit Hypertonie haben im Vergleich zu Normal-Dippern ein deutlich erhöhtes Risiko für hypertensive Organschäden, therapierefraktären Hochdruck, Nierenschäden, Diabetes und sekundäre Hypertonieformen, was für diese Personen eine umfangreichere Dia­gnostik erfordert. Insbesondere bei Älteren kann es zum extremen Dipping mit beträchtlichem nächtlichem Druckabfall kommen, was mit einer Zunahme zerebraler und myokardialer Ischämien einhergeht. Dies alles sollte bei der Entscheidung für eine antihypertensive Pharmakotherapie und beim Einnahmezeitpunkt berücksichtigt werden, so Dr. ­Enders.

Bei der Medikamentenwahl sind darüber hinaus Komorbiditäten von Bedeutung. So erhöhen Diuretika wie Hydrochlorothiazid sowie Betablocker z.B. das Diabetesrisiko nicht unerheblich. 

Überhaupt sollten Betablocker aufgrund der metabolischen Nebenwirkungen bei adipösen Menschen mit Hypertonie zurückhaltend eingesetzt werden. Zumal diese Arzneimittel eingeschränkte Effekte auf den zentralen Blutdruck zeigen. Als Indikationen für die Betablocker bleibt selbstverständlich die Hypertonie mit KHK, mit Vorhofflimmern oder mit Herzinsuffizienz. Bei KHK ohne oder mit länger zurückliegendem Myokard­infarkt gelten sie heute nicht mehr als zwingend erforderlich.

Bei mehr als zwei Dritteln der Betroffenen mit Hochdruck reicht eine Monotherapie zum Erreichen der Behandlungsziele nicht aus. Die meisten benötigen von Anfang an mindestens zwei Antihypertensiva, oft zusätzlich einen Cholesterinsenker. Da die Therapietreue mit steigender Tablettenzahl merklich abnimmt, wird auch in den Leitlinien die ­Single-Pill-Therapie empfohlen, also ein Medikament, das mehrere Wirkstoffe in sich vereint.

In der Versorgungsforschungsstudie START ließ sich mit dem Single-Pill-Konzept nicht nur eine bessere Adhärenz erzielen. Auch die Häufigkeit kardiovaskulärer Ereignisse ging zurück, ebenso die Hospitalisierungsrate. Unterm Strich sanken die Folgekosten der Patientenversorgung, wie Dr. Enders darlegte. Heute stehen zahlreiche Antihypertensiva-Kombinationen zur Verfügung, z.T. auch mit Statinen und ASS.

Bericht: Medical Tribune Fortbildung kompakt Allgemeinmedizin/Innere Medizin am 02.04.2022 in Leipzig, unterstützt von APONTIS PHARMA GmbH & Co. KG