Eisenmangel Spurenelement-Speicher füllen!
Viele Erkrankungen, die mit einer chronischen (sub-)akuten Entzündung verbunden sind, gehen mit einem erniedrigten Eisenspiegel einher. Besonders häufig trifft das auf chronische Herz- und Niereninsuffizienz, Malignome und entzündliche Darmerkrankungen zu, schreiben Dr. Patrice Cacoub, Groupe Hospitalier Pitié-Salpêtrière in Paris und Kollegen. Die Ursachen dafür reichen von Blutverlust, systemischer Entzündung und medikamentösen Nebenwirkungen bis hin zu krankheitsspezifischen Faktoren.
Mit allgemeiner Erschöpfung, Stimmungsstörungen und kognitiven Einschränkungen fallen die Beschwerden des Eisenmangels meist unspezifisch aus. Deshalb werden sie häufig der zugrunde liegenden Erkrankung zugeschrieben und das Defizit bleibt unerkannt. Um dies zu vermeiden, raten die Kollegen, Patienten mit chronischen entzündlichen Erkrankungen aktiv auf den Mangel hin zu untersuchen und, wenn nötig, entsprechend zu behandeln.
Besonders häufig ist der Eisenmangel bei der chronischen Herzinsuffizienz (CHF). Eisenarme CHF-Patienten haben ein deutlich höheres Sterberisiko als normwertige Insuffiziente. Dieser Zusammenhang ist unabhängig davon, ob zusätzlich eine Anämie besteht oder nicht. Auch klinisch wirkt sich das Defizit aus: Die Strecke, die Betroffene beim Sechs-Minuten-Gehtest zurücklegen, ist bei subnormaler Transferrinsättigung (TSAT) kürzer. Dass eine Supplementierung den klinischen Zustand von Herzinsuffizienzpatienten verbessert und ihre Leistungsfähigkeit erhöht, konnten zahlreiche Studien zeigen. Behandelt werden soll bei einer LVEF ≤ 45 % und gleichzeitigem Eisenmangel (Serum-Ferritin < 100 µg/L oder Serum-Ferritin zwischen 100 und 299 µg/L und TSAT < 20 %).
Mangel hängt nicht von Dialysepflicht ab
Auch bei chronischer Niereninsuffizienz haben Patienten mit Eisenmangel eine höhere Mortalität. Die Dialysepflicht spielt dabei keine Rolle. Die Empfehlungen, bei welchen Werten eine Eisentherapie (i.v.) zu starten ist, richten sich nach der Dialysepflicht und danach, ob das Hb (ohne Erythropoetin) angehoben werden soll. Sowohl für Dialyse- als auch für Nicht-Dialysepatienten dürfen eine TSAT von 30 % und Serum-Ferritin-Werte von 500 ng/ml nicht überschritten werden.
Bei Malignomen findet sich ein Defizit – vor allem als Eisenmangelanämie –häufiger in fortgeschritteneren Stadien kolorektaler Karzinome, bei schlechtem Ansprechen auf eine Chemotherapie und bei schnellerer Tumorprogression. Außerdem scheint ein Defizit mit der Invasivität der Darmtumoren assoziiert zu sein. Bei einem pT-Stadium 4 ist es mehr als viermal so häufig wie im Stadium 1. Zum oralen oder intravenösen Ersatz raten die Onkologen bei einem absoluten Mangel (Serum-Ferritin < 30 ng/ml und Transferrinsättigung < 20 %). Bei funktionellem Mangel (Serum-Ferritin 30–500 µg/l und TSAT < 20 %) und gleichzeitiger Erythropoetintherapie soll das Spurenelement intravenös verabreicht werden. Zu bedenken ist bei der Supplementierung jedoch, dass Eisen auch das Tumorwachstum fördert. Langzeitstudien über Wirksamkeit und Sicherheit einer Eisentherapie bei Malignomen müssen hier Klarheit schaffen.
Blutverluste, Malnutrition, Absorptionsstörungen und Darmresektionen führen bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sehr häufig zu Eisenmangel und -mangelanämie. Oft ist eine schwere Fatigue die Folge. Trotzdem wird die Anämie bei etwa der Hälfte der betroffenen Patienten nicht behandelt. Empfohlen wird die Supplementierung prinzipiell bei allen Patienten mit CED und Eisenmangel. Ob oral oder parenteral hängt vom Ausmaß der ggf. bestehenden Anämie und der Aktivität der Erkrankung ab. Inwieweit die Eisentherapie auch die CED-Symptomatik bessert, ist allerdings noch unklar.
Quelle: Cacoub P et al. J Intern Med 2022; DOI: 10.1111/joim.13503