Plattform MedKitDoc Telemedizin plus digitale Diagnose
Gerätegestützte Fernbehandlung – das Thema ist so wichtig und trotzdem hat sich lange niemand darum gekümmert. Aufgrund des echten medizinischen Bedarfs entwickelten zwei Brüder, einer Arzt, der andere Informatiker, vor drei Jahren MedKitDoc. Hinter der Idee steckte ein realer Fall. Die Großmutter der beiden Gründer lebte in einem abgeschiedenen, ländlichen Raum. Sie erkrankte schwer, doch der nächste Hausarzt hatte seine Praxis viele Kilometer entfernt. Dr. Benjamin Gutermann wollte seiner Oma helfen, doch Videotelefonie reichte dafür nicht aus. „Um helfen zu können, hätte ich ihre Herz- und Lungengeräusche abhören müssen, um ihren Zustand besser beurteilen zu können“, sagt der Arzt, „aber das ging ja nicht …“ Das war die Geburtsstunde von MedKitDoc. Die Plattform ermöglicht eine fundierte Fernbehandlung durch zertifizierte Medizingeräte zur Echtzeitübertragung von Gesundheitsdaten. „Wir verbessern damit die regionale, ambulante und stationäre Versorgung pflegebedürftiger und chronisch kranker Patienten“, erklärt Informatiker Dorian Koch.
Übertragung von Gesundheitsdaten in Echtzeit
Das Start-up bezeichnet sich selbst als „App-Store für vernetzte medizinische Geräte“ – in die Plattform sind die besten und neuesten medizinischen Geräte integriert. Und was ist drin im „MedKit“? Eine Blutdruckmanschette, ein Multifunktionsgerät mit EKG, Thermometer und Pulsoximeter sowie ein Stethoskop. In Zukunft ermöglicht der modulare Ansatz der Software aber noch viel mehr, so wäre im nächsten Schritt sogar ein Ultraschallgerät denkbar. Über die MedKitDoc-App kann der Hausarzt seine Patienten auf dem Bildschirm sehen, mit ihnen sprechen und sie zugleich untersuchen. „Das hat enorme Vorteile“, so Dr. Gutermann, „wir haben erste Studienergebnisse, dass durch unseren Service bis zu 25 % der Krankenhauseinweisungen verhindert werden können.“ Die digitale Plattform für Ferndiagnose und -behandlung hat den harten Weg der Genehmigungen erfolgreich gemeistert: Die Videosprechstunden sind zertifiziert und abrechenbar nach Anlage 31b. Die Plattform bietet eine Patientenakte mit Zugriff für Pflegepersonal und Ärzte – inklusive der Möglichkeit zur Erstellung eines Arztbriefes oder eines Behandlungsplans. Die einfach zu bedienende App ist eine DSGVO-konforme Lösung mit TÜV-Sicherheitszertifikat.
Und MedKitDoc hat sich bereits in der Praxis bewährt: In einem Pilotprojekt mit der AOK Nordost wurde in insgesamt sieben Pflegeheimen und zehn Arztpraxen in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern gerätegestützte Telemedizin eingesetzt. Das positive Fazit: Digitale Fernbehandlung kann dazu beitragen, die Qualität der Versorgung zu sichern und zu verbessern und die Hospitalisierung von besonders schutzbedürftigen Patienten zu verringern. Die AOK Nordost baut deshalb den Einsatz der gerätegestützten Telemedizin in der Pflege durch einen neuen Selektivvertrag in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg weiter aus.
„Die Patientinnen und Patienten haben sich gefreut, von ihrer Ärztin schnell untersucht werden zu können, anstatt länger auf die Visite warten zu müssen“, sagt Astrid Bräuer, Leiterin im Seniorenpflegeheim Haus Sonnenberg in Parchim. „Sowohl die App als auch die Geräte von MedKitDoc funktionieren einwandfrei und wurden ständig für unsere Bedürfnisse weiterentwickelt. Diese Art der Telemedizin ist für mich die Zukunft.“
Faire Anreize für den Einsatz schaffen
Darauf vertrauen auch die Gründer. „Wichtig ist es jetzt, die Versorgung mittels Telemedizin 4.0 für chronische Fälle ähnlich wie in anderen Ländern angemessen zu erstatten und damit faire Anreize für den Einsatz zu schaffen“, sagt Dorian Koch. Dabei hofft er auf Rückenwind aus der Politik. „Neue Versorgungsformen, die das Gesundheitswesen insbesondere von den enormen Kosten von unnötigen Hospitalisierungen entlasten, müssen schnellstmöglich auch in die regulären Vergütungssysteme aufgenommen werden.“
Die Nominierten
Dr. Benjamin Gutermann (links im Bild) ist Facharzt für Allgemein- und Notfallmedizin, leitender Notarzt und betreibt bis heute leidenschaftlich eine sehr fortschrittliche Praxis. Er kümmert sich um den medizinischen Bereich. Die ersten Koffer mit Medizingeräten hat er noch selbst in Handarbeit im Keller der Praxis zusammengestellt.
Dorian Koch (rechts im Bild) ist Wirtschaftsinformatiker. Mit seiner langjährigen Erfahrung als IT-Projektleiter entwickelte er nebenberuflich die erste MedKitDoc-App, mit Liveübertragung der Stethoskop- Geräusche. Seine Erfahrung als McKinsey-Berater machte es möglich, aus der Familienidee ein Start-up zu formen.