Zystische Fibrose Therapielast versus Lebensverlängerung

Autor: Dr. Angelika Bischoff

In einer Studie konnten zwei Subgruppen identifiziert werden: Für manche bestimmt die Therapiepräferenz eine potenzielle Lebensverlängerung, für andere ist auch eine Reduktion der Therapielast wichtig. In einer Studie konnten zwei Subgruppen identifiziert werden: Für manche bestimmt die Therapiepräferenz eine potenzielle Lebensverlängerung, für andere ist auch eine Reduktion der Therapielast wichtig. © VisualProduction – stock.adobe.com

Patienten mit zystischer Fibrose (CF) verbringen täglich mehr als anderthalb Stunden mit ca. 14 therapeutischen Maßnahmen. Je schlechter diese in den Alltag integriert werden können, desto geringer sind die Adhärenz und oftmals der Therapieerfolg. Neue Behandlungsformen müssen sich deshalb nicht nur am zu erwartenden Nutzen, sondern auch an der Therapielast messen lassen. 

CF-Patienten füllten Online-Fragebögen aus

Dr. Rory Cameron von der University of East Anglia in Norwich und Kollegen untersuchten in einer Studie, welche Therapie-Outcomes für Patienten mit Mukoviszidose wirklich relevant sind. Außerdem interessierte sie die Frage, welche Kompromisse Betroffene eingehen würden, um diese Ziele zu erreichen. Dafür ließen sie erwachsene Patienten eines spezialisierten CF-Zentrums einen Online-Fragebogen ausfüllen. Die Teilnehmer sollten dabei zwölf verschiedene Behandlungsprofile eines hypothetischen oralen CF-Medikaments evaluieren. Die Profile waren definiert durch unterschiedliche Effekte auf Lungenfunktion, pulmonale Exazerbationen, abdominelle Symptome, Lebenserwartung, Lebensqualität und den Bedarf an inhalativen Medikamenten bzw. Physiotherapie.

Ausgewertet werden konnten die Fragebögen von 103 Patienten im Alter zwischen 19 und 76 Jahren (median 35 Jahre). Gut die Hälfte von ihnen waren Frauen. Die durchschnittliche FEV1 lag bei 69 %. Hinsichtlich Lungenfunktion, BMI und Medikation war das Kollektiv weitgehend repräsentativ für die erwachsene CF-Population.

Insgesamt betrachtet hatte eine in Aussicht gestellte Steigerung der Lebenserwartung um mindestens zehn Jahre den größten Einfluss auf die Wahl des Therapieprofils, gefolgt von einer Verbesserung der Lungenfunktion um 15 %. Allerdings waren die Teilnehmer in diesen beiden Punkten zu erheblichen Abstrichen bereit, wenn sie dadurch die Dauer der Therapie oder damit einhergehende Belastungen reduzieren konnten.

So akzeptierten sie für eine exzellente Verbesserung der Lebensqualität eine Reduktion der FEV1 um 8,2 Prozentpunkte oder eine Verkürzung der Lebenszeit um 4,2 Jahre. 

Physiotherapie wird als zu belastend empfunden

Für einen kompletten Stopp der Physiotherapie, die insgesamt als größte Belastung empfunden wurde, waren sie bereit, eine um 6,1 Prozentpunkte geringere FEV1 oder eine um 3,2 Jahre verkürzte Lebenszeit hinzunehmen. Die Besserung der abdominellen Symptome durch Reduktion der Pankreasenzymersatztherapie war den Studienteilnehmern 5,3 Prozentpunkte FEV1 bzw. 2,7 Lebensjahre wert, eine Halbierung der Inhalationszeiten 4,4 Prozentpunkte FEV1 oder 2,3 Jahre.

Jedoch zeigten sich im Hinblick auf die Therapiewahl innerhalb des Kollektivs deutliche Unterschiede, es konnten im Wesentlichen zwei Subgruppen identifiziert werden. Für die erste hing die Therapiepräferenz primär von einer potenziellen Lebensverlängerung ab und das Thema Therapielast spielte kaum eine Rolle. Den Teilnehmern in der zweiten Subgruppe war hingegen sowohl der Erhalt bzw. eine Besserung der Lungenfunktion als auch eine Reduktion der Therapielast wichtig.

Dr. Cameron und Kollegen betonen, dass ihren Ergebnissen zufolge die Wünsche und Bedürfnisse von CF-Patienten offensichtlich keineswegs homogen sind. Deshalb müsse man individuellen Präferenzen künftig bei Therapieentscheidungen und auch in Studien stärker Rechnung tragen.

Quelle: Cameron RA et al. Chest 2022; 162: 1241-1254; DOI: 10.1016/j.chest.2022.07.00