Klimakiller Endoskopie im Visier Think global, buy local – das gilt auch für Kliniken

Autor: Kathrin Strobel

Kliniken sind CO₂-Schleudern – auch die Endoskopie hinterlässt einen enormen ökologischen Fußabdruck. Kliniken sind CO₂-Schleudern – auch die Endoskopie hinterlässt einen enormen ökologischen Fußabdruck. © gehapromo - stock.adobe.com

Kliniken sind CO₂-Schleudern – besonders die Endoskopie hinterlässt einen enormen ökologischen Fußabdruck. Forschende aus Würzburg haben jetzt analysiert, wo die größten Einsparpotenziale liegen. Ein überraschender Faktor: die Raumtemperatur.

Kliniken sind CO₂-Schleudern – auch die Endoskopie hinterlässt einen enormen ökologischen Fußabdruck. Forschende aus Würzburg haben analysiert, wo die größten Einsparpotenziale liegen. Ein überraschender Faktor: die Raumtemperatur.

„Wenn Sie nachher Mittag essen, werden Sie eine Gabel benutzen, die schon in Tausenden von Mündern war. Keiner von uns hat sein Einwegbesteck dabei“, erinnerte Prof. Dr. Alexander Meining vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) seine Kolleginnen und Kollegen. Und doch würde man bei der Endoskopie immer häufiger zu Einwegprodukten greifen. Was in den entsprechenden Abteilungen an Müll entsteht, haben die Würzburger vor einiger Zeit systematisch erfasst. Sie ermittelten außerdem den CO2-Fußabdruck der Endoskopie an ihrem Klinikum (MT berichtete) und untersuchten, wo die größten Einsparpotenziale liegen.1

Als Hauptverursacher der CO2-Produktion stellte sich das Heizen heraus. Hierbei sieht Prof. Meining viel Einsparpotenzial, das relativ einfach ausgeschöpft werden könne. Für die Endoskopie wird eine Raumtemperatur von 22 bis 26 Grad Celsius empfohlen. Es ließe sich schon viel CO2 einsparen, wenn man die Raumtemperatur beispielsweise im Winter nur auf 21 Grad einstellen und den Patientinnen und Patienten eine Decke überlegen würde, so der Experte. Im Sommer wiederum könnte man die Klimaanlage etwas herunterfahren und wärmere Temperaturen wählen als die z. B. im UKW voreingestellten 23 Grad Celsius. 

Einweginstrumente nach Bedarf sorgfältig auswählen

Auf ein System mit Mülltrennung umzusteigen, habe am Anfang wenig Spaß gemacht, gab der Kollege zu. Trotz aller Bemühungen landeten dennoch weiterhin 80 % der verwendeten Materialien im Hausmüll. Denn Kittel, Handschuhe und alles andere, was während der Untersuchung mit den Patientinnen und Patienten in Berührung kommt, muss auf diesem Wege entsorgt werden. Bei Einweginstrumenten lohnt es sich, im Vorfeld der Untersuchung gut zu überlegen, welche Instrumente überhaupt benötigt werden. Oft werde vom Assistenzpersonal alles Mögliche hingelegt – unabhängig davon, wie sinnvoll das im Einzelfall sei. „Brauchen wir wirklich für jeden Patienten eine Zange? Nein!“

In Würzburg hat man sich zudem die Lieferketten der verwendeten Produkte angesehen. Ein Großteil aller bei der Endoskopie eingesetzten Instrumente stammt aus China oder Costa Rica, wie Prof. Meining erklärte. Bei immerhin 47 Artikeln war es in seiner Klinik möglich, auf Produkte umzusteigen, die in Europa produziert werden. Für Prof. Meining gilt für das Krankenhaus dasselbe wie im Supermarkt: „Warum soll ich einen Apfel aus Peru kaufen, wenn es das gleiche Produkt vom Bodensee gibt?“ Allein der Transport aller verwendeten Materialien machte in Würzburg fast 8 % der Gesamtemissionen aus. Hinzu kommt der Müll, der durch die Verpackung und die beigelegten Informationen entsteht. Müsse jedem Artikel wirklich ein regelrechtes Buch in 50 Sprachen beigelegt sein, fragte Meining etwas ketzerisch in die Runde. „Konfrontieren Sie doch mal die Firmen damit! (…) Wir müssen den Finger in die Wunde legen. Wir müssen hingehen zu den Firmen und fragen, wo das Zeug herkommt.“ Nur dann könne sich etwas ändern.

Was sich aus seiner Sicht ebenfalls ändern muss, ist die Zahl der unnötigen Untersuchungen. Laut einem systematischen Review beträgt die Rate der nicht indizierten Endoskopien des oberen GI-Trakts 52 %. Bei Koloskopien liegt der Wert zwischen 23 und 52 %.

Durch die ergriffenen Maßnahmen konnten am Universitätsklinikum Würzburg 18,4 % CO2 eingespart werden. An Kliniken, die, anders als Würzburg, noch nicht 100 % Ökostrom beziehen, gibt es zusätzlich noch diesen Hebel. All das „kostet Zeit und Geld, aber es hat einen Einfluss“, so Prof. Meinings Fazit.

* Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie in Berlin und Brandenburg

Quelle: 1. Henniger D et al. Gut 2023; doi: 10.1136/gutjnl-2023-329940