Arzt mit Krebserkrankung Vom Neurologen zum Meningeompatienten
Da stimmt irgendwas nicht. Das bekam der Neurologe Dr. Klaus Scheidtmann, Zürcher RehaZentrum, Wald, immer wieder zu hören. In der Paartherapie wurde ihm dann der Burn-out bescheinigt, doch so richtig konnte Dr. Scheidtmann das nicht glauben – auch wenn sein Kopf ihm immer wieder zu schaffen machte. Als „Zweitmeinung“ nahm er deshalb Rücksprache mit seinem früheren Doktorvater. Sein Rat: Eine radiologische Aufnahme des Kopfs. Diese bestätigte dann auch, dass es sich ganz und gar nicht um einen Burn-out handelte. Grund für das immer stärker werdende Rauschen und den Druck im Kopf war eine erhebliche Raumforderung – ein Meningeom.
„Es fühlte sich an, als würde ich aus zehn Meter Höhe auf eine Betonplatte prallen, Kopf voraus“, zitiert der Referent seine Reaktion auf die Diagnose, wie er sie auch in seinem Buch „Seitenwechsel“ festgehalten hat. Im ersten Schritt wurde noch von einem möglichen Gliom im Stadium III–IV gesprochen. Todesurteil also, wie Dr. Scheidtmann es formulierte.
Die weitere Behandlung sollte in einer Uniklinik erfolgen, um die Identität seines Behandlers zu schützen, nannte Dr. Scheidtmann ihn im Vortrag „Prof. Neurus“. Aufgrund von Feiertagen war die Operation mit einigen Tagen Verzögerung geplant. Wie Dr. Scheidtmann betonte, war ihm ein Sich-geborgen-fühlen in dieser Konstellation nicht möglich. Eine vertrauensvolle Beziehung konnte er zum behandelnden Neurochirurgen und seinem Team nicht aufbauen. Der Chefarzt „duldete keine andere Meinung“ und strebte auch keinen Austausch an. Zudem teilte ein Assistenzarzt Dr. Scheidtmann nach dem Eingriff noch im Aufwachraum mit, dass es sich nicht um ein benignes Gliom, sondern um ein malignes Meningeom handelt und nun eine Radiotherapie notwendig ist.
Auffälligkeiten kein Jahr später gefunden
Die anschließende Betreuung durch die Strahlentherapeutin stand im Kontrast zu seiner vorherigen Erfahrung: Er empfand sie als sehr angenehm, fühlte sich aufgehoben und gut informiert. Denn auch als Arzt sei man nicht immer Expertin oder Experte und benötige ausreichend Erklärungen zu den geplanten Therapien, betonte Dr. Scheidtmann.
Kein Jahr nach der Behandlung wurden in Kontrollaufnahmen des Gehirns Auffälligkeiten gefunden. Wieder war die Neurochirurgie keine große Hilfe für den Referenten. Deshalb wandte er sich eigenständig an seine frühere Strahlentherapeutin. Diese wiederum besprach die Aufnahmen gemeinsam mit Dr. Scheidtmann, gab ihm Erklärungen und Ratschläge zur weiteren Therapie. Kurz darauf folgte ein epileptischer Anfall, eine weitere Operation war unumgänglich. Doch eins war klar: „Prof. Neurus“ sollte nicht noch einmal tätig werden. Deshalb fragte er die Radiotherapeutin und einen Vertrauten um Rat nach einer bzw. einem geeigneten Neurochirurg:in.
Was er aus seinen persönlichen Erfahrungen gelernt hat, fasste der Vortragende folgendermaßen zusammen: „Behandle deine Patient:innen immer so, als wenn du es selbst wärest.“ Da sein, ein Ohr haben und Ratschläge geben sei etwas, was die Betroffenen zurecht von den Ärzt:innen erwarten. Zudem sei es wichtig, immer ehrlich zu den Patientinnen und Patienten zu sein. Die Angst sie zu überfordern, sei unbegründet. Aus Dr. Scheidtmanns Erfahrung ist es viel schlimmer, hingehalten zu werden.
Quelle: Scheidtmann K. 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin