Dermatosen der Mamille Von Ekzem bis Karzinom ist einiges drin
Prinzipiell können sich alle Dermatosen, die man von anderen Körperbereichen her kennt, auch an der Mamillenhaut manifestieren. Von größerer klinischer Bedeutung sind allerdings nur einige wenige, erklärt eine Autorengruppe um Thanh Luu Thi von der Klinik für Dermatologie und Venerologie an der Universität Halle-Wittenberg.
Akutes Ekzem
Am häufigsten werden an der Mamille Ekzemerkrankungen beobachtet. Besonders gefährdet sind junge Frauen mit atopischer Veranlagung. Die Reibung an zu knapp bemessener Unterwäsche oder enger Sportbekleidung führt über Juckreiz und Irritation zu einem häufig auch staphylogen kolonisierten Ekzem. Ein ähnlicher Zusammenhang findet sich bei atopischen Schwangerschaftsdermatosen.
Die klinische Ausprägung kann sehr unterschiedlich ausfallen, erläutern die drei Dermatologen. Sie reicht von umschriebenen Erythemen mit Schuppung oder Lichenifikation bis hin zur akuten Entzündung mit Krustenbildung und schmerzhaften Fissuren oder Erosionen. Typische Symptome sind Brennen und Juckreiz. Meist sind beide Mamillen betroffen.
Irritative Kontaktdermatitis
Eine besondere Ekzemvariante ist die irritative Kontaktdermatitis. Sie entsteht etwa durch die mechanische Beanspruchung beim Stillen, durch in Passform und Material ungeeignete Büstenhalter oder infolge der Reibung von Sportbekleidung bei gleichzeitigem Schwitzen (joggers nipple). Auch eine unpassende Pflege kann die Haut reizen.
Allergisches Ekzem
Seltener bildet sich ein allergisches Ekzem. Typisch für diese Variante ist der zeitliche Abstand zum ursächlichen Kontakt, der einige Stunden bis zu drei Tage betragen kann. Als Auslöser fungiert häufig Chlormethylisothiazolinon, das als Konservierungsstoff in gängigen Waschmitteln und Weichspülern eingesetzt wird. Auch eine Nickelallergie, etwa infolge eines Brustwarzenpiercings, kann sich so manifestieren. Bei stillenden Müttern muss man zudem mit einer Reaktion auf Inhaltsstoffe von Brustwarzencremes rechnen (beispielsweise Lanolin, Kamille, Aloe vera). Auslöser eines allergischen Ekzems können zudem Bestandteile der Beikost des Säuglings sein.
Skabies
Die Mamillen sind häufiger Infestationsort der Skabies. Dabei kommt es vor allem unter Wärmeeinwirkung zu heftigem Juckreiz mit entsprechendem Kratzen. Im resultierenden Ekzem lassen sich eventuell Milben nachweisen.
Mastitisgefahr
Ekzemgeschädigte Brustwarzen sind anfällig für eine Kolonisation mit Staphylococcus aureus, bei Stillenden zusätzlich mit Candida albicans. Beide Erreger können über eine Infektion von Milchgängen und Drüsenkörper eine Mastitis auslösen. Typisch sind lokal begrenzte gerötete und überwärmte Areale in der Brust, verbunden mit starken Schmerzen. Die Erkrankung tritt überwiegend puerperal auf und manifestiert sich meist unilateral.
Morbus Paget der Mamille
Von besonderer klinischer Bedeutung ist der Morbus Paget der Mamille. Er kann als duktales Carcinoma in situ (DCIS) ebenso auftreten wie als invasives Mammakarzinom. In selteneren Fällen ist auch ein isolierter Befund ohne DCIS oder Karzinom möglich (extramammärer M. Paget). Typischerweise findet sich ein asymmetrisches glänzendes Erythem, das sich klinisch nicht sicher von einem Ekzem abgrenzen lässt. Ein Ansprechen auf topische Steroide schließt M. Paget nicht aus, weshalb im Verdachtsfall immer die bioptische Abklärung erfolgen sollte.
Die Therapie richtet sich nach der Art der Dermatose. Bei Patientinnen mit atopischem Ekzem werden basistherapeutische Maßnahmen, die die Hautbarriere stärken, auch für die Mamillenregion empfohlen. Dazu eignen sich zum Beispiel wasserhaltige Formulierungen mit saurem pH-Wert (pH 4–5,5). Alternativ kommen hygroskopische Substanzen in Kombination mit Phospholipiden oder Ceramiden in Betracht. Wasserfreie Externa sollten wegen des Okklusioneffekts gemieden werden.
Sportlerinnen können die Brustwarzen prophylaktisch abkleben, lokale Antiseptika verhindern zudem eine Kolonisierung oder Infektion der Mamillenhaut. Bewährt haben sich Polyhexanid und Octenidindihydrochlorid in halbfester Formulierung.
Bei Tumorpatientinnen ist zu beachten, dass Chemotherapeutika zu ausgeprägter Trockenheit, Irritationen und Pruritus an der Mamille führen können. Zur Prophylaxe eignen sich spezielle Pflegemittel, die auch bei radiogener Schädigung eingesetzt werden können. In Frühstadien des duktalen Mammakarzinoms und beim extramammären M. Paget kommt die topische Applikation antikarzinogener Wirkstoffe infrage.
Quelle: Luu Thi TH et al. Dermatologie (Heidelb) 2022; 73: 873-879; doi: 10.1007/s00105-022-05031-3