Long-QT-Syndrom Vorsicht mit dem M-FACT-Score

Autor: Dr. Franziska Hainer

Bei der Nutzung des M-FACT-Scores ist eine jährliche Re-Evaluation sowie die Einbeziehung mehrerer Kriterien notwendig. Bei der Nutzung des M-FACT-Scores ist eine jährliche Re-Evaluation sowie die Einbeziehung mehrerer Kriterien notwendig. © Dr_Microbe – stock.adobe.com

Der M-FACT-Score dient der Entscheidungsfindung zur präventiven Indikation eines ICD bei Patienten mit Long-QT-Syndrom. Doch der Score birgt offenbar das Risiko einer Übertherapie.

Bei Patienten mit Long-QT-Syndrom (LQTS) kann die präventive Implantation eines Kardioverter-Defibrillators (ICD) indiziert sein. Mit dem M-FACT-Score, der im Jahr 2010 veröffentlicht wurde, stand ein neues Tool für die Entscheidungsfindung zur Verfügung. Jetzt aber zeigte sich: Der Score birgt das Risiko einer Übertherapie. Dr. Veronica Dusi von der Universität Turin und Kollegen fanden heraus, dass zum Zeitpunkt der Diagnosestellung das Potenzial einer effektiven antiarrhythmischen Therapie noch nicht vorhersehbar ist. Sie schlossen 946 Patienten mit LQTS in ihre Unicenter-Studie ein. Das Follow-up lief über 7+/-6 Jahre. 

Die Studie belegte, dass die medikamentöse Therapie mit Betablockern allein oder in Kombination mit Mexiletin oder linkskardialer sympathischer Denervation (LCSD) die QTc-Zeit verkürzte. Da der QTc-Wert einen Grundpfeiler für die Risikoeinschätzung mittels M-FACT-Score darstellt, wirkt sich die Veränderlichkeit des QTc-Wertes auf das Score-Ergebnis aus.

Zum Zeitpunkt der Erstdiagnose hatten 110 Patienten einen M-FACT-Score von ≥ 2 (Cut-off für ICD-Indikation). 106 Patienten erhielten daraufhin Betablocker. Bei den 49 Patienten, bei denen der Wert in der Verlaufsuntersuchung wieder bei ≥ 2 lag, wurde die Behandlung durch folgende Maßnahmen eskaliert: linkskardiale sympathische Denervation (55 %), Mexiletin (31 %), ICD (27 %). Bei 14 % kam es zu kardialen Ereignissen (ohne Herzstillstand). 

In den jährlichen Verlaufsuntersuchungen in ihrem LQTS-Zentrum, passten die Forscher die medikamentöse Therapie an und evaluierten die ICD-Indikation. Von den 142 Patienten, bei denen laut ihren M-FACT-Ergebnissen von ≥ 2 im Verlauf ein ICD angeraten gewesen wäre, erhielten 22 Patienten einen solchen. Drei Mal kam es zu einer Auslösung des ICD. Mit einer optimierten medikamentösen Therapie wird das Arrhythmie-Risiko der Patienten mit LQTS offenbar gesenkt. Verlassen sich Ärzte vor einer Therapieoptimierung allein auf den Score, so besteht die Gefahr der Übertherapie, warnen die Studienautoren nach der Neubewertung des M-FACT-Scores. Jährliche Re-Evaluationen, die mehrere Kriterien einbeziehen, sind aus Sicht der Autoren vorzuziehen.

Quelle: Dusi V et al. Eur Heart J 2024; DOI: 10.1093/eurheartj/ehae289