Hämochromatose Warnsignal erhöhtes Ferritin
Ferritin ist ein Indikator für die Eisenversorgung des Körpers. Fallen bei einer Blutanalyse überhöhte Werte auf, startet die Suche nach dem möglichen Auslöser. Dabei ist besonders auf den Alkoholkonsum und andere Risikofaktoren für eine Leberschädigung zu achten, auf akute Erkrankungen und Warnsignale für ein Malignom. Wichtige Hinweise gibt oft auch die Familienanamnese. Bei der körperlichen Untersuchung sollte man den Blick vor allem auf Zeichen für eine chronische Leberfunktionsstörung richten. Liegt eine akute Erkrankung vor, raten Dr. Stuart Stewart von der Universität Manchester und Kollegen zu einer erneuten Messung nach sechs Wochen.
Um einer eventuellen Eisenüberladung auf die Spur zu kommen, wird die Transferrinsättigung (TfS) aus dem Blutserum heraus bestimmt. Dies gelingt am besten, wenn der Patient morgens nüchtern ist. Als normal gilt im Allgemeinen ein Wert < 45 %.
Auch Alkohol und Infekte erhöhen den Ferritinwert
Bei Patienten mit isolierter Hyperferritinämie – also mit hohem Serumferritinspiegel bei TfS < 45 % – kommen verschiedene Ursachen in Betracht, unter anderem:
- hoher Alkoholkonsum
- metabolisches Syndrom (Fettleber, Diabetes)
- akute und chronische Infektionen einschließlich Virushepatitis
- Malignome und hämatologische Erkrankungen
Bei einer Transferrinsättigung > 45 % ist eine wichtige, vielfach aber unterdiagnostizierte Ursache die hereditäre Hämochromatose. Diese autosomal rezessiv vererbte Eisenspeicherkrankheit kann durch eine Mutationsanalyse des HFE*-Gens festgestellt werden. In Nordeuropa wird sie am häufigsten durch die homozygote pC282Y-Mutation ausgelöst. Die Penetranz der Genveränderung ist variabel, das heißt, viele Patienten entwickeln keine schwere Eisenüberladung oder Hämochromatose. Allerdings wird die Erkrankung wegen ihres schleichenden Beginns oft erst erkannt, wenn bereits Organschäden vorliegen.
Leberwerte, CRP und Gerinnung kontrollieren
Am ehesten betroffen ist die Leber. Die Eisenablagerungen können Hepatitiden, Zirrhosen und Karzinome auslösen. Labordiagnostisch empfiehlt sich die Kontrolle von Leberwerten, CRP und Gerinnungsparametern. Bei etwa jedem Vierten manifestiert sich eine Hämochromatose mit einer Arthropathie. Diese ähnelt einer Arthrose, tritt aber in jüngerem Lebensalter auf und betrifft sowohl gewichtstragende und nicht-tragende Gelenke. Eine weniger bekannte Folge der Eisenüberlastung ist die Osteoporose, deren Prävalenz auf 25–34 % geschätzt wird.
Unter den endokrinen Veränderungen dominiert der Diabetes, von dem etwa 23 % der Erkrankten betroffen sind. Die zweithäufigste Endokrinopathie ist der Hypogonadismus, ausgelöst durch Eisenablagerungen in der Hirnanhangdrüse oder eine primäre Gonadeninsuffizienz. In der Folge ist mit gestörter Libido oder erektiler Dysfunktion zu rechnen, das Risiko für Sub- und Infertilität sowie Amenorrhö steigt.
Kardiovaskuläre Erkrankungen und supraventrikuläre Arrhythmien treten bei Hämochromatose ebenfalls vermehrt auf (Odds Ratio 1,2 bzw. 1,6). Etwa jeder Fünfte ist von Depressionen betroffen. Mehr als 70 % der Patienten berichten über kognitive Einschränkungen.
Ein frühzeitiger Aderlass kann Komplikationen wie Zirrhose, Karzinom und Diabetes verhindern. Anzustreben ist ein normaler Ferritinspiegel, was auf Dauer auch über das Blutspenden gelingt. Die Patienten sollten auf Alkohol verzichten und eisenhaltige Supplemente meiden. Auch für Verwandte ersten Grades ist ein Screening auf Hämochromatose angezeigt.
Allgemein empfehlen die Autoren, Patienten mit erhöhtem Ferritinspiegel ohne Eisenüberladung (TfS < 45 %) zum Spezialisten zu überweisen, wenn sich in der hausärztlichen Praxis keine Ursache für den Wert finden lässt. Patienten mit Zirrhose sollten nicht zuletzt wegen des erhöhten Krebsrisikos zum Hepatologen geschickt werden. Auch bei Gelenkschäden, hormonellen, kardialen und neurologischen Störungen ist die fachärztliche Mitbehandlung indiziert.
* hereditäres Hämochromatose-Protein
Quelle: Stewart S et al. BMJ 2023; 382: e076750; DOI: 10.1136/bmj-2023-076750