Welche Vorteile bringen Studien für Krebspatienten?
Die Behandlung von Krebs ist und bleibt eine ständige Herausforderung für Patienten, Angehörige und Ärzte. Ständig sind Forscher bemüht, die Therapien weiter zu verbessern und neue Medikamente zu finden, die noch gezielter und besser den Krebs bekämpfen. Bevor jedoch neue Therapien und Medikamente in Richtlinien und Verfahren der Krebstherapie aufgenommen werden dürfen, müssen sie umfangreichen Tests und Prüfungen in klinischen Studien unterzogen werden.
Vom Wirkstoff zum Medikament – ein langer Weg
Bei Medikamenten vergehen von der ersten Idee zu einem neuen Wirkstoff, bis hin zum ersten Einsatz bei Menschen oft mehr als fünf bis zehn Jahre. Diese Zeit benötigen Wissenschaftler, um neue oder bessere Wirkstoffe zu finden, herzustellen und im Labor und Tierversuch zu testen. Den fast unzähligen Fehlversuchen stehen am Ende der Entwicklung meist nur wenige Hoffnungsträger gegenüber. Ihnen trauen die Wissenschaftler zu, dass sie bei Menschen wirksam gegen den Krebs eingesetzt werden können. Vor der Zulassung muss der neue Wirkstoff in klinischen Studien beweisen, dass er die erwarteten Erfolge tatsächlich hervorbringt.
Die Nagelprobe für neue Medikamente: Schritt für Schritt durch die Prüfung
Klinische Studien werden in vier Phasen eingeteilt. Vereinfacht dargestellt werden in der ersten Phase Medikamente oder Therapien auf Ihre Dosierung und Nebenwirkung hin untersucht. Treten vertretbare Nebenwirkungen auf, wird in der zweiten Phase untersucht, ob und wie die Patienten von den Neuerungen profitieren können.
Kann in der zweiten Phase ein eindeutiger Nutzen festgestellt werden schließt sich die dritte Phase der klinischen Studien an: Die positiven Ergebnisse müssen nun an einer großen Patientengruppe von 100 bis 500 Personen statistisch nachgewiesen und bestätigt werden. In der vierten Phase klinischer Studien können Medikamente und Therapiekonzepte einer langfristigen Beobachtung unterworfen werden.
Die Behandlung in der Studie – immer besser als der Standard
Klinische Studien unterliegen in Deutschland strengen Regeln. Die Einhaltung der Regeln wird von den Ethikkommissionen des Bundes, der Länder sowie von Krankenkassen und einzelnen Krankenhäusern und den Bundesoberbehörden (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte BfArM und Paul-Ehrlich-Institut PEI) überwacht. „Eine der wichtigsten Regeln dabei ist, dass Patienten in keinem Fall zu Schaden kommen oder schlechter behandelt werden dürfen, als dies der Standard vorgibt“, sagt Professor Dr. Wolfgang Bethge, Leiter des Zentrums Klinische Studien, Universitätsklinikum Tübingen.
In der Praxis bedeutet dies, dass vor Studienbeginn Expertenkommissionen den Standard definieren müssen, mit denen Patienten nach allen Regeln der Kunst zu behandeln sind. Dann wird definiert, was über den Standard hinaus an Therapieleistungen erbracht werden soll. Diese Leistungen sind der eigentliche Studieninhalt.
Je nach Studiendesign werden Patienten mit dem Standard plus/minus Placebo oder dem neuen Medikament behandelt. Im Verlauf und am Ende der Studie wird überprüft, ob die Neuerung gegenüber dem Standard und/oder dem Placebo eine Verbesserung gebracht hat. Ist dies der Fall, kann die nächste Studienphase eingeleitet werden.
Wichtig: ein Zentrum aufsuchen
Eine weitere wichtige Regel bei klinischen Studien ist, dass die Therapieentscheidungen von einem Komitee aus Studienärzten getroffen und kontrolliert werden. „So werden Therapieentscheidungen besser abgesichert und konsequenter umgesetzt“, führt Prof. Bethge aus. „Studien zeigen deutlich, dass bei Behandlung in einer Studie die Therapiestandards wesentlich besser eingehalten werden.“ Zusätzlich bekommen Patienten auch Zugang zu neuen Medikamenten oder Therapiestrategien von denen sie persönlich auch einen Nutzen haben können.
„Patienten profitieren damit in jedem Fall, wenn Sie an Studien teilnehmen“, betont Prof. Bethge. Wird in dem behandelnden Krankenhaus aktuell keine Studie durchgeführt, sollte vom Patienten daher möglichst eine zweite Meinung in einem Tumorzentrum eingeholt und nach der Möglichkeit einer Studienteilnahme gefragt werden. „Auch längere Anfahrten sollten dabei in Kauf genommen werden“, sagt Prof. Bethge. „Denn es lohnt sich für die Patienten.“