Wenn die Fischgräte im Hals stecken bleibt
Erwachsene verschlucken sich meistens am Essen. Aber bei älteren Menschen, psychisch Kranken oder Strafgefangenen sind auch echte Fremdkörperingestionen keine Seltenheit. Außerdem gibt es noch Drogenkuriere, die ihre Ware als "body packer" im Gastrointestinaltrakt mit sich tragen.
Zu 80–90 % werden verschluckte Fremdkörper auf natürlichem Weg wieder ausgeschieden, 10–20 % erfordern eine endoskopische Entfernung, weniger als 1 % einen operativen Eingriff. Die European Society of Gastrointestinal Endoscopy (ESGE) hat nun dazu eine Leitlinie mit 13 Empfehlungen für die Praxis veröffentlicht.
1. Am Beginn der Diagnostik stehen wie gewohnt Anamnese und körperliche Untersuchung. Dabei geht es auch darum, die generelle Verfassung der Patienten einzuschätzen und mögliche Komplikationen zu erkennen. Steckt der Fremdkörper noch im Ösophagus, führt er in der Regel zu Symptomen wie Dysphagie, Würgen oder retrosternalem Schmerz. Hypersalivation und Schluckstörungen deuten auf einen kompletten Verschluss des Lumens hin. Fieber, Tachykardie, subkutane Krepitationen, Schwellungen von Hals und Brust sowie Zeichen der Peritonitis sollten als Hinweise auf eine Perforation die Alarmglocken läuten lassen.
2. Röntgenaufnahmen halten die Autoren nur bei vermutlich strahlendichten oder gänzlich unbekannten Fremdkörpern für angezeigt, nicht aber nach Ingestion von Nahrungsmitteln ohne Knochen, die keine Komplikationen verursachen. Bei letzteren liegt die Rate falsch negativer Befunde in der Bildgebung bei bis zu 87 %.
3. Ein CT brauchen Patienten mit potenzieller Perforation oder anderen Komplikationen, die eine Operation erfordern könnten. Fischgräten und Knochenstückchen zählen zu den am häufigsten verschluckten Fremdkörpern bei Erwachsenen. Gerade Gräten lassen sich oft im Röntgenbild nicht erkennen, hier zeigt ein CT signifikante Überlegenheit. Bei Perforationen taucht die sonst hilfreiche freie Luft unter dem Zwerchfell im konventionellen Bild kaum auf, da der Defekt durch Impaktion und fortschreitende Erosion entsteht. Deshalb bedecken meist Fibrin, das Omentum oder Darmschlingen die Läsion.
Wann endoskopieren?
- Notfallmäßig (am besten innerhalb von 2, maximal nach 6 Stunden): Batterien, scharfe Gegenstände oder symptomatische/obstruierende Nahrungsmittelboli im Ösophagus
- Dringlich (innerhalb von 24 Stunden): Im Ösophagus Magnete, stumpfe und sehr große Gegenstände (> 5-6 cm), im Magen/Dünndarm Batterien, Magnete, scharfe Objekte, sehr große Gegenstände (> 5-6 cm)
- Nicht dringend (innerhalb von 72 Stunden): Stumpfe Gegenstände in Magen/Dünndarm
Quelle: Birk M et al. Endoscopy 2016; 48: 489-496