Krebstherapie Wie lassen sich Nebenbeschwerden der Therapie weiter lindern?
Eine qualitätsangepasste Auswertung der CheckMate-649-Studie1 stellte dar, dass die Kombination Nivolumab/Chemotherapie Patienten mit fortgeschrittenem Speiseröhren- oder Magenkarzinom auch unter diesem Aspekt Vorteile bieten kann: Im Vergleich zur Chemotherapie allein verbesserte sie den sogenannten Q-TWiST* um 1,8 Monate. Bei Teilnehmern mit einem PD-L1-CPS ≥ 5 verlängerte sich die Zeit ohne Progression und Toxizität sogar um 2,8 Monate. Ein in beiden Fällen klinisch relevanter Zugewinn, wie Dr. Ryan Sugarman vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center, New York, und Kollegen bemerkten.
Typische Probleme, die Betroffene mit gastrointestinalen Tumoren häufig zu schaffen machen, beziehen sich auf den Appetit und die Ernährung. Medikamente gegen krebsassoziierte Anorexie und Kachexie wirkten aber nur begrenzt, verursachten Nebenwirkungen und hohe Kosten, kritisierten Forscher um Dr. Nivedita Arora von der University of Minnesota in Minneapolis.2 Trotzdem würden sie zu oft und reflexartig verschrieben. Ihre eigene Analyse bei 974 Patienten ergab, dass etwa jeder dritte bis vierte Erkrankte (27,2 %) mindestens ein entsprechendes Präparat erhielt – am häufigsten Dronabinol. Das Cannabinoid machte mehr als vier von zehn Verordnungen aus.
Um dem Phänomen des Appetit- und Gewichtsverlusts genauer auf die Spur zu kommen und gefährdete Patienten schon vorab zu erkennen, könnten Biomarker helfen. Zumindest bei einer kleinen Kohorte von 21 Personen mit Pankreaskarzinom fanden Miles Cameron und Kollegen von der University of Florida in Gainsville geeignete Prädiktoren.3 So sagten hohe Level der Proteine IDUA, CTLA4 und USE1 einen stark ausgeprägten Gewichtsverlust mit einer Sensitivität von 75 % und einer Spezifität von 92 % voraus. Mit dem Abbau von Muskelmasse korrelierten unter anderem die Kreatinkinasen CK-MM und CK-MB sowie das Enzym ADH4. Vielleicht lassen sich darüber auch einmal besser wirksame Mittel gegen Kachexie entwickeln, lautete die Einschätzung der Experten.
Mehr Wissen wäre auch bei der Störung des Geschmackssinns wünschenswert. Auch wenn hier die Hoffnungen oft auf Zink liegen – das Element bringt wohl nichts. Japanische Forscher um Ken Ito vom Universitätsklinikum in Sapporo hatten jeweils 60 Betroffene mit Dysgeusie entweder mit Polaprezinc, Zinkacetat-Hydrat oder ohne zusätzliches Zink versorgt.4 Doch obwohl die Zufuhr bei den behandelten Patienten die zunächst zu niedrigen Zink-Serumspiegel in den Normbereich brachte, verbesserte sie das Schmecken nicht zwingend. Dies war nur in der Polaprezinc-Gruppe der Fall und ging wohl auf andere Effekte dieses Präparats zurück.
Geht es um andere Beschwerden unter Chemotherapie, könnten es die Erkrankten mit Akupressur versuchen. Wissenschaftler um Dr. Samantha Ann Armstrong von der Georgetown University, Washington, hatten ihre Patienten angeleitet, an Händen, Armen und Beinen selbst eine Akupressur vorzunehmen.5 Täglich angewendet, gaben 93 % nur milde oder gar keine Übelkeit an. Auch Fatigue, Schlafstörungen und Depression verbesserten sich, wenn auch nicht signifikant. Den Grund dafür vermuten die Autoren jedoch in der kleinen Teilnehmerzahl. Das Ausmaß der Veränderung bewerteten sie als klinisch relevant.
* quality-adjusted time without symptoms of disease progression or toxicity
Kongressbericht: 2022 ASCO Gastrointestinal Cancers Symposium
1. Sugarman R et al. ASCO-GI 2022; Abstract 273
2. Arora N et al. ASCO-GI 2022; Abstract 658
3. Cameron M et al. ASCO-GI 2022; Abstract 545
4. Ito K et al. ASCO-GI 2022; Abstract 649
5. Armstrong SA et al. ASCO-GI 2022; Abstract 657