Urothelkarzinom Resistenzen vermeiden

Autor: Dr. Miriam Sonnet

Forschende versuchen Resistenzen von Urothelkarzinomen mit unterschiedlichen Inhibitoren wichtiger Signalwege zu umgehen. Forschende versuchen Resistenzen von Urothelkarzinomen mit unterschiedlichen Inhibitoren wichtiger Signalwege zu umgehen. © natali_mis – stock.adobe.com

Wie die meisten Tumoren bilden auch Urothelkarzinome Resistenzen aus. Forschende versuchen, diese mit unterschiedlichen Mechanismen zu umgehen. Zwei davon – die Hemmung des DDR-Signalwegs und die Inhibition von CDK12 – wurden auf dem DGU-Kongress präsentiert. Adressiert wurde zudem die Frage, was im Zuge einer CDK4/6-Inhibition auf zellulärer Ebene passiert.

Die Chemoresistenz bei soliden Tumoren wie dem Urothelkarzinom ist multifaktoriell, konstatierte Dr. Felix Wezel vom Universitätsklinikum Ulm.1 Bekannt sei auch, dass die DNA-Reparatur-Response (DDR), gerade in Bezug auf Cisplatin, eine wichtige Rolle spielt. Die DDR gelte beim Urothelkarzinom als prädiktiver Marker: So sprächen Patient:innen mit Mutationen in diesem Signalweg besser auf Cisplatin an als solche, die die entsprechenden Alterationen nicht aufweisen. Es stelle sich nun die Frage, ob man die DDR-Gene nicht nur prädiktiv, sondern auch als therapeutische Targets nutzen könne.

Um dieser Hypothese nachzugehen, nutzten Dr. Wezel und sein Team chemoresistente Urothelkarzinom-Zelllinien, in der sie die Zielgene ATM/ATR, die wichtige Mediatoren des DDR-Signalwegs darstellen, hemmten. Die Forschenden behandelten Cisplatin-resistente, Gemcitabin-resistente und parentale „chemonaive“ Zellen zunächst mit einem ATM-Inhibitor. „Auffällig war, dass die Cisplatin-resistenten Zellen sehr schnell bei der ersten getesteten Dosis reagierten“, so der Referent. In Bezug auf die IC50, d.h. die Dosis, mit der 50 % der Zellen abgetötet werden, zeigte sich: Bei den Cisplatin-resistenten Zellen brauchte es nur eine geringe Cisplatin-Dosis, um die IC50 zu erreichen. Ganz im Gegensatz zu parentalen und Gemcitabin-resistenten Zellen, wo die IC50 erst mit höheren Dosen erzielt wurde. „Das demonstriert, dass das ein Cisplatin spezifischer Effekt ist“, erklärte Dr. Wezel. Noch deutlicher waren die Ergebnisse, wenn die Wissenschatler:innen ATR hemmten. Hier zeigte sich bei den parentalen und Gemcitabin-resistenten Zellen kein Effekt, während die Cisplatin-resistenten Zellen schon bei einer geringen Dosis reagierten. Ähnliche Ergebnisse sahen die Forschenden, wenn sie ATM bzw. ATR spezifisch mittels Knockdown/Knockout ausschalteten. Bestätigt wurden die Daten im 3D-Zellkukturmodell: Gaben Dr. Wezel und Kolleg:innen Cisplatin auf Cisplatin-resistente Zellen, wuchsen diese weniger als die Kontrolle. Wurde zusätzlich ein ATM- oder ATR-Inhibitor appliziert, stellte sich das Wachstum komplett ein.

Ansprechen auf CDK4/6-Inhibitoren entschlüsselt

Mit dem Ansprechen auf CDK4/6-Inhibitoren beschäftigten sich PD Dr. Roman Nawroth, Technische Universität München, und Kolleg:innen. Bereits zuvor konnten sie zeigen, dass Zellen nur auf die zielgerichteten Substanzen reagieren, wenn diese Retinoblastom (Rb)-positiv sind. Die Forschenden demonstrierten in zwei unterschiedlichen Zelllinien, dass die Rb-Expression nach CDK4/6-Inhibitor-Exposition abnimmt. Schalteten die Wissenschaftler:innen verschiedene Teilelemente des Proteasoms aus, verzögerte das den Abbau von Rb. Weitere Versuche ergaben, dass Rb nach Therapieinduktion aktiv in den Nukleus transportiert wird, was dazu führte, dass sich die Menge des Transkriptionsfaktors E2F1 im Zellkern verringerte.

PD Dr. Nawroth stellte auf Basis dieser Ergebnisse folgende Hypothese auf, die beschreibt, wie eine Therapie mit CDK4/6-Inhibitoren zellbiologisch wirkt: Nach CDK4/6-Inhibition wird Rb in den Nukleus transportiert und E2F1 herunterreguliert. Das wiederum induziere den G1-Arrest des Zellzyklus. Im Zuge der späten Antwort komme es schließlich zur Herunterregulierung von Rb und E2F und damit zur Induktion von Autophagie, Apoptose und Seneszenz. Der G1-Arrest sei dabei die Voraussetzung, um den zweiten Schritt einzuläuten, resümierte der Referent.

Quelle:
Nawroth R. 74. Kongress der deutschen Gesellschaft für Urologie; Degradation of RB1 is essential for early therapy response to CDK4/6 inhibitors

DDR-Signalweg als therapeutisches Target

Die Hemmung von ATM und ATR erhöhte in platinresistenten Urothelkarzinomzellen signifikant das Ansprechen auf Cisplatin, resümierte der Referent. Der DDR-Signalweg könnte daher als therapeutisches Target dienen, um das Ansprechen auf platinbasierte Chemotherapien in Tumoren ohne DDR-Genmutationen zu verbessern.

Einen weiteren potenziellen Ansatz, eine Resistenz gegen Cisplatin zu umgehen, präsentierte Markus Fortmeyer von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.2 Er und sein Team fokussierten sich in auf den CDK12-Inhibitor THZ531. CDK12 reguliere die Transkription von DNA-Reparaturgenen und der Verlust führe in Ovarialkarzinomzellen zu einer eingeschränkten DNA-Reparaturkapazität. Die Forschenden fanden eine erhöhte CDK12-Expression sowohl in Gewebe von Patient:innen mit Urothelkarzinom nach neoadjuvanter cisplatinbasierter Chemotherapie als auch in Urothelkarzinom-Zelllinien (verglichen mit normalen Zellen). Cisplatin-resistente Zellen reagierten deutlich sensitiver auf THZ531 als parentale Cisplatin-naive. Weitere Versuche deuteten darauf hin, dass der Inhibitor die Apoptose in Cisplatin-resistenten Zellen induziert. CDK12 sei demnach ein vielversprechendes Target beim Urothelkarzinom, schloss der Referent.

Quellen:
1. Wezel F. 74. Kongress der deutschen Gesellschaft für Urologie; Inhibition of ATM/ATR confers cisplatin sensitivity in platinum-resistant bladder cancer cells
2. Fortmeyer M. 74. Kongress der deutschen Gesellschaft für Urologie; Vortrag: Cisplatin resistant urothelial carcinoma cells are highly sensitive towards CDK12 inhibitor THZ531