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Auf Kristallsuche Wie man schmerzhafte Gelenkablagerungen am besten sichtbar macht

Autor: Maria Weiß

Zur Bewertung von Kristallarthropathien mittels bildgebender Verfahren gibt es nun Empfehlungen. Zur Bewertung von Kristallarthropathien mittels bildgebender Verfahren gibt es nun Empfehlungen. © David A Litman – stock.adobe.com
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Kristallarthropathien sind weit verbreitet und kommen im Alter immer häufiger vor. Ob man die störenden Ablagerungen von Harnsäure und Kalziumphosphat mit Ultraschall, Röntgen oder CT am besten aufspürt, war bisher unklar. Jetzt gibt´s dazu Empfehlungen von der EULAR.

Kristallinduzierte Arthropathien sind durch Ablagerungen von Kristallen im Gelenk und im periartikulären Gewebe gekennzeichnet. Im Fall der Gicht handelt es sich um Harnsäurekristalle; aber auch Kalziumphosphatkristalle (Chondrokalzinose) und basische Kalziumphosphatkristalle (BCP) können sich ablagern und die Gelenke schädigen. 

Bildgebungsverfahren werden in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmend zur Bewertung von Kristallarthropathien verwendet und sind deshalb auch in den neuesten Empfehlungen zur Klassifizierung und Diagnose von Gicht und Chondrokalzinose enthalten. Diese Leitlinien unterscheiden sich in ihren Empfehlungen jedoch zum Teil erheblich. So wird nicht nur die diagnostische Leistung der einzelnen Techniken unterschiedlich bewertet. Auch im Hinblick darauf, wie gut man mit ihnen strukturelle Schäden und Entzündungen beurteilen kann,  sind sich die Leitlinien nicht einig. 

Was für alle Kristallarthropathien gilt

Die fünf von Dr. Peter Mandl und seinem Team vorgestellten allgemeinen Prinzipien lauten folgendermaßen:

A. Kristallinduzierte Arthropathien sind typischerweise durch intermittierende akute entzündliche Episoden charakterisiert, es gibt aber auch chronische Verläufe mit wechselnder Aktivität. Verlauf und klinische Situation haben Auswirkungen auf die geeignete Bildgebung.

B. Die Bildgebung bietet bei kristallinduzierten Arthropathien wertvolle Informationen über Kristallablagerung, Entzündung und strukturelle Schäden.

C. Der Nachweis von Kristallablagerungen in der Bildgebung ist nicht immer mit klinischen Manifestationen assoziiert.

D. Vor der Bildgebung sollten alle Informationen über den Patienten (Anamnese, körperliche Untersuchung, Laborwerte, Analyse der Synovialflüssigkeit) berücksichtigt werden.

E. Durchführung und Interpretation der bildgebenden Verfahren sollten durch speziell ausgebildetes medizinisches Fachpersonal erfolgen.

Fünf Prinzipien und zehn konkrete Empfehlungen 

Diese Divergenzen erschweren die Auswahl des geeignetsten diagnostischen Verfahrens, schreiben Dr. Peter Mandl von der Abteilung für Rheumatologie an der Medizinischen Universität Wien und seine Kollegen von der EULAR. Um Abhilfe zu schaffen, hat die Expertengruppe neben fünf allgemeinen Prinzipien zur Diagnostik von Kristallarthropathien (siehe Kasten) zehn konkrete evidenzbasierte Empfehlungen für die Verwendung von konventioneller Radiografie, Ultraschall, CT, Dual-Energy-CT (DECT) und MRT erarbeitet:

1. Zusätzlich zu den symptomatischen Gelenken sollten immer auch die für die einzelnen kristallinduzierten Arthropathien typischen Manifestationsorte mit dargestellt werden (Großzehengrundgelenk bei Gicht, Knie und Handgelenk bei Chondrokalzinose und Schulter bei der Arthropathie durch BPP).

2. Zur Diagnose einer Gicht sind Ultraschall und Dual-Energy-CT (DECT) gleichermaßen geeignet – abhängig von der klinischen Situation und der Erfahrung des Untersuchers.

3. Zeigen sich typische Zeichen einer Ablagerung von Harnsäurekristallen im Ultraschall, ist in der Regel keine zusätzliche Analyse der Synovialflüssigkeit erforderlich. 

4. Für die Abklärung der Chondrokalzinose werden konventionelle Röntgenaufnahmen (CT bei axialer Beteiligung) und Ultraschall empfohlen. 

5. Für die Diagnose einer BCP-Arthropathie ist ebenfalls eine Bildgebung erforderlich – je nach Verfügbarkeit können das konventionelle Röntgenaufnahmen oder Ultraschall sein.

6. Bei Gicht können DECT und Ultraschall auch für Verlaufskontrollen bei Kristallablagerung genutzt werden, Ultraschall auch für das Monitoring der Entzündung. Steht ein DECT nicht zur Verfügung, lassen sich strukturelle Schäden auch mit einfachen Röntgenaufnahmen beurteilen.

7. Bei Chondrokalzinose und BCP-Arthropathie werden keine Verlaufskontrollen mit bildgebenden Verfahren empfohlen, mit Ausnahme unerwarteter Veränderungen des klinischen Verlaufs.

8. Die mittels DECT oder Ultraschall festgestellte Menge an abgelagerten Harnsäurekristallen kann zur Vorhersage zukünftiger Gichtanfälle genutzt werden.

9. Ist bei Gicht eine Analyse der Synovialflüssigkeit erforderlich, sollten Punktion und Aspiration immer unter Ultraschallkontrolle erfolgen. 

10. Die erstellten Aufnahmen sollten dem Patienten gezeigt und erklärt werden. Das sorgt für ein besseres Verständnis des Krankheitsbildes durch den Patienten und kann im Falle der Gicht auch die Therapieadhärenz verbessern. 

Mithilfe dieser praxisnahen Empfehlungen hofft das Expertenteam, Rheumatologen, Orthopäden und Hausärzten die Diagnose von Kristallarthropathien zu erleichtern. Zu bedenken ist allerdings, dass die Evidenz hinter diesen Empfehlungen größtenteils noch relativ schwach und deshalb weitere Forschung erforderlich ist.  

Quelle: Mandl P et al. Ann Rheum Dis 2024; DOI:10.1136/ard-2023-224771