Zucchini, Melonen und Gurken können blutige Kolitis verursachen
Bei Anzeichen einer akuten Lebensmittelvergiftung sollte die Differenzialdiagnose einer Cucurbitacinvergiftung berücksichtigt werden, empfehlen Dr. Carlo Jung und Kollegen von der Klinik für Gastroenterologie und Gastroonkologie der Universitätsmedizin Göttingen. Hinweisend auf diese Vergiftungsursache ist der bittere Geschmack einer Mahlzeit mit Zucchini oder anderen Kürbisgewächsen. Das war auch in einem von den Autoren berichteten Fall so.
Eine 66-jährige Rentnerin stellte sich mit Tachykardie, Hypotonie und Somnolenz sowie Exsikkose, Übelkeit, Erbrechen und Hämatochezie in der Notaufnahme vor. Am Vortag hatte sie gegen 13 Uhr ein Zucchinischnitzel gegessen und dabei einen bitteren Geschmack bemerkt. Etwa zwei Stunden später setzten Übelkeit und Erbrechen ein, kurze Zeit darauf Unterbauchkrämpfe und blutige Diarrhöen im Stundentakt.
Das Labor zeigte eine Leukozytose und Zeichen einer Exsikkose. Im Ultraschall war die Sigmoidwand verdickt, was den Verdacht auf eine Kolitis weckte. Die Stuhlkultur war unauffällig, Fieber fehlte.
Es erfolgte eine symptomatische Therapie mit intravenöser Volumensubstitution und Metoclopramid gegen die Übelkeit. Wegen einer vermuteten Sepsis wurde außerdem eine Antibiose mit Ceftriaxon und Metronidazol eingeleitet. Nach dem zweiten Tag im Krankenhaus nahmen die blutigen Durchfälle ab und man begann mit dem Kostaufbau. Am dritten Tag konnte die Patientin wieder nach Hause gehen.
Als Diagnose wurde eine akute Lebensmittelvergiftung mit hämorrhagischer Kolitis nach Zucchiniverzehr gestellt. Das Gemüse stammte von einem befreundeten Schrebergärtner, der auch Zierkürbisse kultiviert. Diese enthalten Cucurbitacine, die an ihrem bitteren Geschmack erkennbar sind. Möglicherweise hatten Bienen die Zucchini mit dem Pollen aus den giftigen Ziergewächsen befruchtet. Außerdem scheinen hohe Temperaturen die Bildung im Gemüse selbst zu fördern.
Die Gifte werden beim Kochen nicht zerstört
Cucurbitacine sind tetrazyklische Triterpene, die schon in kleinsten Dosen als toxisch gelten. Sie werden durch Kochen nicht zerstört. Die Latenzzeit zwischen Verzehr und Beginn der Symptome liegt laut Literatur bei etwa 45 Minuten. In Deutschland gibt es bislang nur wenige Fallberichte. Die Autoren vermuten aber, dass es im Zusammenhang mit Klimaerwärmung und Öko-Landbau zukünftig vermehrt zu solchen Lebensmittelvergiftungen kommen könnte. Da kein Antidot existiert, erfolgt die Therapie symptomatisch.
Quelle: Jung C et al. Dtsch Med Wochenschr 2020; 145: 988-990; DOI: 10.1055/a-1163-9741