Uroflowmetrie im Kaffeehaus Corona macht‘s möglich

So kam ein über 70-jähriger Patient in meine Sprechstunde und klagte sehr zögerlich über Probleme mit der "Wasserleitung". Von einem kräftigen Strahl wie in seiner Jugendblütezeit könne er nur noch träumen und überdies sei er auch "nicht mehr dicht", was ihn vor allem psychisch erheblich belaste. Bei der körperlichen Untersuchung war das Staunen dann auf meiner Seite. Der Patient hatte unter dem Motto "Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir keiner" seinen kleinen Freund in einen Plastikbecher gezwängt und diese Hilfskonstruktion dann mit Verbandsmaterial an der Peniswurzel befestigt. Als Tropfenfänger, wie er mir auf meinen fragenden Blick hin erläuterte. Beim Urologen fand sich schließlich nicht unerwartet ein Prostatakarzinom, das bis zum viel späteren Tod des Betroffenen mit gutem Erfolg behandelt werden konnte. In diesem Fall hätte eine rechtzeitige Vorsorge viel Ungemach ersparen können.
Um den Herren der Schöpfung den schambelasteten Weg zum Urologen zu ersparen, habe ich jetzt rein zufällig eine neue, wegweisende Alternative entdeckt, die nur noch den Weg in die Tempel der Wissenschaft finden muss. Auf der Herrentoilette eines Kaffeehauses (Abbildung) sah ich den Hinweis, man möge (wegen Corona und natürlich untereinander) einen Abstand von 1,5 Metern einhalten. Aber man könnte das Schild auch so interpretieren, dass Mann aus mindestens 1,5 Metern Entfernung in das Becken hineintreffen müsse. Wer aus dieser Distanz trifft, hat ganz sicher kein Problem bei der Uroflowmetrie. Wer versagt, sollte schleunigst seine Kaffeetasse leeren und beim Urologen vorstellig werden. Sensitivität und Spezifität dieses "gastronomiegebundenen präventiven Urinaltests" wären durch statistische Untersuchungen natürlich noch zu untermauern, etwa im Rahmen einer Doktorarbeit. Aber der Weg ist schon skizziert und so hätte dann die Coronapandemie auch zu spannenden und weiterführenden Forschungsaktivitäten auf anderen Fachgebieten beigetragen.

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2020; 42 (18) Seite 72
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.