Honorar Ein Auskommen mit dem Einkommen haben

Kolumnen Autor: Raimund Schmid

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Das Berufspolitische Oktoberfest beim Practica-Fortbildungskongress ist immer auch ein Spiegelbild der Stimmung der Allgemeinärzte. Seit dem Ende der 1980-er Jahre überragte 20 Jahre lang ein Thema stets alle anderen: die missliche Honorarsituation der Hausärzte, die in diesem Zeitraum in der ärztlichen Einkommensskala lange Zeit die Rote Laterne zierten.

Über miserable oder zu geringe Einkommen wird aber auf dem Berufspolitischen Oktoberfest jetzt schon seit Jahren nicht mehr gejammert. Auffällig dabei ist, dass die Klagen über unzureichende Honorare umso mehr abgeebbt sind, je stärker die hausarztzentrierten Selektivverträge bundes- und landesweit Fuß gefasst haben. Dieser Zusammenhang ist offensichtlich und diesen Erfolg darf der Hausärzteverband durchaus für sich verbuchen.

HzV mit hohen Fallwerten

Doch betrifft diese finanzielle Besserstellung nur die 17.000 Allgemeinärzte, die sich bislang in HzV-Verträge eingeschrieben haben? Sie profitieren sicherlich am meisten, weil ihr Fallwert im Durchschnitt 30 % über den Durchschnittsfallwerten liegt, die über KV-Honorare zu erzielen sind. Das sind dann üppige 80 bis 85 Euro. Hinter vorgehaltener Hand räumten manche Allgemeinärzte bei der Practica gar ein, über Hausarztverträge auch Fallwerte von weit über 100 Euro zu erzielen. Damit kann man in der Tat gut auskommen. Doch was ist mit den anderen 35.000 Hausärzten, die bisher noch nicht die HzV für sich entdeckt haben? Müssen diese finanziell weiter darben?

Nein, müssen sie in der Regel nicht. Denn auch die KV-Umsätze, Honorare und Fallwerte haben in den vergangenen Jahren – durch den Druck der HzV – angezogen. Die Anpassungen fielen zwar bei weitem nicht so üppig wie bei den Hausarztverträgen aus, machen sich aber dennoch im Geldbeutel eines jeden Hausarztes bemerkbar. So lag der durchschnittliche Honorarumsatz je Behandlungsfall 2014 immerhin bereits bei 62,15 Euro. Im ersten Halbjahr 2011 waren es lediglich 59 Euro. Noch deutlicher wird der Trend am Beispiel einzelner Bundesländer. So lag zum Beispiel in Thüringen im 1. Halbjahr 2011 der Honorarumsatz je Behandlungsfall erst bei 51,61, im Jahr 2013 bereits bei 57,09 und 2014 schon bei 64,63 Euro und damit um satte 13 Euro höher als noch 3 Jahre zuvor. Im Vergleich zu 2013 sind 2014 in allen 17 KV-Bereichen die Honorarumsätze mit Ausnahme Bayerns um 3,1 % angewachsen.

Honorar ist nicht alles

Beim Honorar scheint also erst einmal die Brisanz weitgehend raus zu sein. Doch für viele junge Ärzte spielt das Geld längst nicht mehr die Hauptrolle. Sonst wäre es kaum zu erklären, dass heute immer weniger Allgemeinärzte und Hausarzt-Internisten nachrücken, als eigentlich benötigt werden (etwa 2.000 pro Jahr).

Zwar hat die Politik – etwa bei der Weiterbildung und mit Anreizen für die Niederlassung auf dem Land – gehandelt. Das reicht aber bei weitem nicht aus. Deshalb muss dieses dringliche Thema die politische Debatte künftig vordringlich beherrschen – und zwar nicht nur auf dem Berufspolitischen Oktoberfest, sondern ganz generell auf der großen politischen Bühne, meint

Ihr

Raimund Schmid


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Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2016; 38 (20) Seite 40
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.