„Frauen sind einfach interessanter“
Ihren Durchbruch als Autorin hatten Sie Anfang der 1990er-Jahre mit dem Roman „Lauf, Jane, lauf!“. Seitdem veröffentlichen Sie praktisch jährlich ein neues Buch. Was hat sich in den Jahren des Erfolges verändert?
Joy Fielding: An meiner Einstellung hat sich gar nichts verändert, das Schreiben macht mir weiterhin großen Spaß. Der Unterschied zum Beginn ist natürlich, dass ich inzwischen schon eine ganze Weile von meiner Arbeit leben kann. Und was sich verändert hat, sind die Erwartungen, die an mich gestellt werden, z.B. an die Verkaufszahlen. Aber das geht glücklicherweise nicht so weit, dass es meine Kreativität einschränkt.
Sie schreiben in der Regel drei bis vier Stunden pro Tag am Stück. Brauchen Sie während eines Buches auch mal eine Pause?
Joy Fielding: Eine Pause, z.B. ein kurzer Urlaub, ist oft ganz hilfreich. Ich bekomme dann immer noch mal einen ganz neuen Blick auf die Geschichte, was ihr meistens guttut.
Jedes Ihrer Bücher hat seine ganz eigene Geschichte, es gibt keine Serie. Wo nehmen Sie die Ideen her und haben Sie Angst, dass sie Ihnen irgendwann ausgehen?
Joy Fielding: Ich sammele meine Ideen praktisch überall, aus Zeitungen, Nachrichten oder meinem Umfeld. Manchmal fällt mir auch spontan irgendetwas ein, vor allem, wenn ich jogge. Vieles lege ich dann zunächst gedanklich beiseite und greife es sehr viel später wieder auf. Inzwischen muss ich mir allerdings Notizen dazu machen, sonst gerät doch manches in Vergessenheit ... Aber der Stoff wird mir wohl nie ausgehen!
Also ist auch kein Ruhestand geplant?
Joy Fielding: Auf keinen Fall, dazu macht mir das Schreiben noch viel zu viel Spaß!
Was empfinden Sie, wenn Sie ein Buch fertiggestellt haben?
Joy Fielding: Einfach eine riesengroße Erleichterung und Freude, ich falle keineswegs in ein tiefes Loch! Ich genieße anschließend etwa drei bis vier Monate freie Zeit und setze mich dann mit neuem Elan ans nächste Werk.
Recherchieren Sie gründlich, bevor Sie sich einem neuen Thema widmen?
Joy Fielding: Nein, das mache ich praktisch nie. Dafür schreibe ich ja Fiktion und keine Sachbücher. Ich glaube aber, dass ich mit der Fiktion manchmal mehr Wahrheit transportieren bzw. den Leser zum Nachdenken anregen kann als mit Tatsachenberichten.
In Ihren Büchern stehen immer Frauen im Mittelpunkt, planen Sie irgendwann einen Mann als Hauptfigur?
Joy Fielding: Eigentlich nicht. Frauen sind einfach komplizierter und damit für mich als Protagonisten interessanter. Außerdem fällt es mir als Frau leichter, über meine Geschlechtsgenossinnen zu schreiben, weil ich mich viel besser in sie hineinversetzen kann.
Ihr neuestes Buch „Die Schwester“ basiert auf einem realen Fall. 2007 verschwand die vierjährige Maddie aus einer portugiesischen Ferienanlage, das britische Mädchen tauchte nie wieder auf. Was hat Sie dazu bewogen, dieses Ereignis zu verwenden?
Joy Fielding: Ich habe viele Jahre über diesen Fall nachgedacht und mich – wie natürlich viele andere – immer wieder gefragt, welchen Ausgang er noch nehmen könnte. Schließlich war ich irgendwann so weit, dass ich meine ganz persönliche Auflösung zu Ende gedacht habe. Und ich glaube, dass sie – ohne zu viel verraten zu wollen – durchaus in ähnlicher Weise möglich wäre.