Elektronische Patientenakte Nach eGK kommt ePA, ePF und eGA
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) begrüßte schon vor rund einem Jahr die Initiative des Gesetzgebers, eine elektronische Patientenakte (ePA) einzuführen. Das Potenzial der ePA liege insbesondere darin, den Arzt-Patienten-Dialog zu verbessern. Außerdem stärke sie die informationelle Selbstbestimmung des Patienten. Darüber hinaus könne sie den Austausch zwischen Ärzten, nichtärztlichen Gesundheitsberufen und Patienten verbessern und somit die Effektivität, Effizienz und Qualität in der Versorgung steigern. Die ePA könne zudem die Wirtschaftlichkeit und Transparenz ärztlicher Behandlungen erhöhen, beispielsweise wenn medizinisch nicht notwendige Doppeluntersuchungen entfallen.
Wettstreit der Konzepte
Im Juni hatte die Gematik dann einen ersten Entwurf einer möglichen ePA vorgelegt. Demnach soll die ePA als Serverakte angelegt werden, in der Kopien der Originale (die beim Arzt verbleiben) abgelegt und in Rechenzentren gespeichert werden können. Für den Patienten gibt es dann ein spezielles elektronisches Patientenfach (ePF), auf das er Zugriff haben und in dem er selbst Veränderungen vornehmen kann. Bei der reinen ePA hat er diese Möglichkeit nicht, hier kann nur der Arzt Änderungen vornehmen. Der Patient kann sich dann entscheiden, ob er eine reine ePA, eine reine ePF oder eine Akte sowohl mit ePA und ePF haben möchte. In der reinen ePA sollen zunächst eArztbriefe, der Notfalldatensatz und der eMedikationsplan enthalten sein.
Die elektronische Arztakte
Die ePA ist nicht die einzige Baustelle: Zeitgleich wird bei der KBV auch über eine elektronische Arztakte nachgedacht. Das Ziel dieser eArztakte soll sein, Daten zwischen Arztpraxen so auszutauschen, dass der Empfänger damit auch arbeiten kann. Dr. Stephan Hofmeister, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KBV, stellt sich das so vor: "Für den Arzt verändert sich erst mal nicht viel, außer dass seine Daten elektronisch strukturiert, indexfähig suchbar abgelegt werden und dass er sie exportieren kann, in Teilen oder im Ganzen, und dass er andere Arztdaten importieren kann in sein Praxisverwaltungssystem und sich diese Daten sofort und nahtlos in die entsprechenden Sachverhaltsbereiche einsortieren, in die sie gehören." Ein praktisches Beispiel: Dr. Muster behandelt Patientin Müller. Die Ergebnisse speichert er in seinem PVS. Überweist er Frau Müller an seine Kollegin Dr. Meier, schickt er dieser die relevanten Befunde auf einem sicheren elektronischen Weg direkt zu. Als strukturierte Daten, die ihr PVS lesen kann. Die eArztakte könnte zugleich auch eine gute Grundlage für die geplante elektronische Patientenakte sein, meint die KBV. Wenn Patientin Müller eine Kopie ihrer Befunde haben möchte, lädt Dr. Muster die Daten in ihre App oder in ihre elektronische Patientenakte. Und von dort kann sie sie auch Frau Dr. Meier bei ihrem Arztbesuch zur Verfügung stellen. Nach Ansicht der KBV ist die eArztakte die Grundvoraussetzung für eine vernünftige elektronische Patientenakte, denn nur wenn man miteinander sprachfähige Arztbefunde und technische Befunde habe, bekomme man eine intelligente eAkte.
Das alles klingt schon ein wenig verwirrend. Hinzu kommt aber nun noch, dass inzwischen etliche Krankenkassen eigene, sogenannte elektronische Gesundheitsakten (eGA) entwickelt und sogar bereits auf den Markt gebracht haben. Am ehesten sind diese wohl mit dem ePF der Gematik vergleichbar. Es könnte zukünftig also womöglich ein dreigliedriges System geben, bestehend aus der Primärdokumentation der Ärzte und Krankenhäuser in der Praxis-EDV, einer arztgeführten ePA sowie einer patientengeführten eGA bzw. ePF. Ob dieser Ansatz so realisiert werden wird, bleibt abzuwarten. Die KBV würde wohl eher eine einzige Patientenakte in Patientenregie bevorzugen. Bis zum Jahresende wird sich die Gesundheitspolitik für eine der Varianten entscheiden müssen – oder auch nicht. Das Beispiel der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) macht misstrauisch.
Die Krankenkassen sind schon weiter
Bis zu 25 Millionen Versicherte könnten diese dazu nutzen, ihre persönlichen Gesundheitsdaten wie beispielsweise Arztbriefe, Befunde, Laborwerte, Medikationspläne, Notfalldaten und Impfinformationen in einer App zu verwalten.
Digitale Gesundheistsassistentin: Darüber hinaus hat Vivy den Anspruch, Nutzern jederzeit als digitale Gesundheitsassistentin zur Seite zu stehen. Die Versicherten haben dabei die volle Kontrolle: Nur sie selbst entscheiden, welche Informationen sie in der App speichern und an wen sie diese weitergeben möchten. Vivy bietet eine Erinnerungsfunktion für Arzttermine und die Medikamenteneinnahme und lässt Versicherte ihre Überweisungen oder Leistungsübersichten verwalten.
Auch Ärzte sollen profitieren: Diese elektronische Gesundheitsakte soll auch den Leistungserbringern wie Ärzten oder anderen Vertretern von Heilberufen Vorteile bringen, so die Kassen. Das werde vor allem durch die Anbindung an Arzt- und Krankenhaus-Software sichergestellt. Ärzte können Untersuchungsdaten beispielsweise in der Vivy-App ihrer Patienten bereitstellen, sie bräuchten keine Software dafür zu installieren. Es genüge ein Web-Upload aus ihrer Praxissoftware heraus oder sogar ein Fax an Vivy. Die Kooperation zwischen den verschiedenen privaten und gesetzlichen Krankenversicherungen gewährleiste, dass Ärzte und Therapeuten nicht Dutzende Lösungen kennen müssen. Die Daten sollen mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gesichert sein, für die ausschließlich der Versicherte selbst den Schlüssel hat. Er allein bestimmt, welche Informationen in seine Gesundheitsakte gelangen und ob und in welchem Umfang er diese Informationen mit Ärzten, anderen Leistungsanbietern oder weiteren Partnern teilen will.
Seit Mitte September stellen 14 gesetzliche Krankenkassen, darunter die DAK-Gesundheit mit 5,8 Mio. Versicherten, und zwei private Krankenversicherungen die TÜV-geprüfte App kostenfrei zur Verfügung.
TK war Vorreiter: Bereits im April hatte die Techniker Krankenkasse (TK) mit TK-Safe ihre bundesweite elektronische Gesundheitsakte vorgestellt. Der Service soll es TK-Versicherten ermöglichen, ihre Gesundheits- und Krankheitsdaten strukturiert und übersichtlich an einem Ort zu speichern und selbst zu managen.
TK-Safe sei ein digitaler Datentresor, auf den die Versicherten überall und jederzeit mit ihrem Smartphone über die TK-App zugreifen könnten. Alle relevanten Daten, die der TK über ihre Versicherten vorliegen, können diese in ihre Akte laden. So bekommen sie auf Wunsch beispielsweise ihre Impfhistorie, eine Auflistung ihrer verschreibungspflichtigen Medikamente oder Übersichten über ihre Arzt- und Zahnarztbesuche inklusive Diagnosen. Die Informationen können manuell um eigene Daten ergänzt werden. Freiverkäufliche Medikamente lassen sich per Barcodescanner hinzufügen, Arztbriefe oder Röntgenbilder können hochgeladen werden.
Autor:
Dr. Ingolf Dürr
Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2018; 40 (16) Seite 32-34
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.