Boom bei MVZ Neue Optionen für Hausärzte

Kolumnen Autor: Raimund Schmid

Der Trend ist eindeutig: Die Neigung von Ärzten, sich für neue Kooperationsformen zu entscheiden, nimmt weiter deutlich zu. Abzulesen ist dies an den Ergebnissen einer neuen Umfrage von Springer Medizin und der Deutschen Bank, an der sich 350 Haus- und Fachärzte beteiligt haben. 55 % aller befragten Mediziner sehen in der „verstärkten Bildung von Kooperationen“ das Thema, das in den nächsten Jahren den Gesundheitsmarkt am nachhaltigsten beeinflussen wird. Münden wird dies zunehmend in größere Praxiseinheiten, die durch das gerade in Kraft getretene Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) noch einen weiteren Schub erhalten.

Speziell die Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sind im Aufwind. Ende 2014 waren rund 13 500 Ärzte in 2 073 MVZ tätig gewesen. Nirgendwo lässt sich dabei der Trend hin zur Anstellung oder für Teilzeitstellen besser abbilden. Denn Ende 2014 haben dort 12 119 Ärzte in Anstellung gearbeitet. In Versorgungszentren, die sich in der Trägerschaft einer Klinik befinden, verlieren sich sogar nur 38 Vertragsärzte unter den dort tätigen 6 325 angestellten Ärzten.

Hausärzte in MVZ stark vertreten

Der Trend zu immer größeren Versorgungseinheiten hält seit 2011 an. Während vor 4 Jahren noch durchschnittlich 5,5 Ärzte in einem MVZ gearbeitet haben, waren es 2014 bereits 6,5 (unter der Trägerschaft von Kliniken sogar 7,5). Und die Hausärzte haben dort schon heute eine sehr starke Stellung. Mit 1 913 Ärzten stellen sie die deutlich größte Fachgruppe, gefolgt von den fachärztlichen Internisten (1 576), den Chirurgen (1 021) sowie den Gynäkologen (928). Und dieser Trend wird sich in nächster Zeit zugunsten der Hausärzte noch deutlich verstärken, weil

<bullet_list><item>Anstellungen und Niederlassungen in Teilzeit gerade bei den jungen (Allgemein)-Ärztinnen voll im Trend liegen,</item><item>MVZ künftig auch ausschließlich von Hausärzten gebildet werden können. So werden bald Hausarzt-MVZ zum normalen Versorgungsalltag gehören,</item><item>kurzfristig nun auch Kommunen insbesondere in ländlichen Regionen MVZ errichten dürfen. Bis Ende 2014 sind nur 291 von insgesamt 2 073 MVZ (14 %) auf dem Land gegründet worden. Sicher auch ein Grund dafür, dass so viele Allgemeinärzte ländliche Regionen bisher gemieden haben.</item></bullet_list>

Patienten müssen sich umstellen

Zumindest also ein Hoffnungsschimmer, künftig auch dort die Hausarztversorgung aufrechterhalten zu können. Und dennoch werden sich Hausärzte wie ihre Patienten an gravierende Veränderungen gewöhnen müssen. In MVZ oder anders organisierten größeren Praxiseinheiten oder Versorgungszentren werden gleich mehrere Ärzte für den einzelnen Patienten der Ansprechpartner sein. Das muss nicht unbedingt schlecht sein. Für den Patienten nicht, wenn der Blick eines 2. oder 3. Arztes vielleicht erst Klarheit bringt oder unnötige Behandlungen vermeiden hilft. Und für die Hausärzte nicht, weil Verantwortlichkeiten, Arbeitszeiten und insbesondere Wochenenddienste und Urlaubsvertretungen aufgeteilt werden können. Aber dennoch werden sich gerade ältere Patienten erst einmal daran gewöhnen müssen, dass der Hausarzt vom alten Schlag als der Arzt ihres Vertrauens zunehmend von der Bildfläche verschwinden wird,meint

Ihr

Raimund Schmid

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2015; 37 (14) Seite 28
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.