Sind Sie auch manchmal ungeschickt?

Kolumnen Autor: Erich Kögler

Wer zehn Nächte hintereinander jeweils nur sechs Stunden schlafe, agiere ähnlich wie jemand mit einem Promille Alkohol im Blut. Wer zehn Nächte hintereinander jeweils nur sechs Stunden schlafe, agiere ähnlich wie jemand mit einem Promille Alkohol im Blut. © Fotolia/master1305

Wer zu wenig schläft, ist deutlich unkonzentrierter und ungeschickter – in unserer aktuellen Meinungskolumne "Mit spitzer Feder".

Die Deutschen schlafen zu wenig. Das hat Schlafforscher Ingo Fietze von der Berliner Charité ermittelt. Und er weiß, wovon er redet, denn vor bereits dreißig Jahren hat er dort das erste Schlaflabor eröffnet. Und er warnt: Achtzig Prozent der Menschen hierzulande müssten mehr schlafen. Wer zu wenig schläft, ist deutlich unkonzentrierter und ungeschickter, reagiert langsamer und trifft falsche Entscheidungen.

Wer zehn Nächte hintereinander jeweils nur sechs Stunden schlafe, agiere ähnlich wie jemand mit einem Promille Alkohol im Blut. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts sind jährlich 3600 Todesfälle auf Müdigkeit zurückzuführen, die Hälfte davon durch Unfälle im Straßenverkehr. Schließlich entstehen deutschen Unternehmen durch Fehltage von Mitarbeitern aufgrund von Schlafstörungen Kosten in Höhe von rund sechzig Milliarden Euro pro Jahr.

Großkatastrophen ließen sich mit ausgeschlafenen Beteiligten vermeiden

Ein Großteil der Lkw-Fahrer sitzt Schätzungen zufolge quasi dauer-unausgeschlafen hinter dem Steuer. Und nahezu jeder zweite Medizinfehler sei allzu langen Bereitschaftsdiensten geschuldet, klagen Ärzte in diversen Umfragen. Selbst Großkatastrophen wie der Atomunfall von Tschernobyl oder die Havarie des Öltankers Exxon Valdez wären wohl mit ausgeschlafenen Beteiligten nicht geschehen. Und auch manche politische Entscheidung erscheint so in gänzlich anderem Licht ...

Und dennoch gibt es Menschen, die solche Risiken leugnen oder sie bewusst in Kauf nehmen. Vermutlich wird es nicht mehr lange dauern, bis irgendwer Sie einlädt, dem „Fünf-Uhr-morgens-Club“ beizutreten. Zu dieser inoffiziellen Vereinigung der selbsternannten Frühaufsteher zählen sich neuerdings die Ambitionierten und Erfolgreichen dieser Welt, schrieb unlängst die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung.

Sind die Earlybirds die Gewinner?

Alle Menschen, die sich selbst gern als Gewinner bezeichnen und bereits im Morgengrauen Eines beweisen wollen: Dass sie leistungsfähiger sind als andere. Und über den Tag gesehen natürlich auch produktiver, da sie ja früher aufstehen und deswegen mehr Zeit zum Arbeiten haben. So jedenfalls sehen diese „Earlybirds“ das selbst.

Es gibt viele Unternehmensvorstände und Politiker, die schon zum Club gehören. Angeblich verdienen solche Ultrafrühaufsteher mehr und machen häufiger Karriere. Ob sie auch besser aussehen, darf indes bezweifelt werden, denn je kürzer wir schlafen, desto dürftiger fallen auch die nächtliche Selbstreinigung und die Fettschmelze aus. Die langfris­tige Wirkung: „Wenig Schlaf macht dumm, dick und krank!“ Auf diese griffige Formel bringt es jedenfalls der Psychologe Jürgen Zulley. In diesem Sinne: Es ist schon spät – ich muss ins Bett …