Patientendaten Spezifische Regelungen zur Übermittlung gefordert
Auch die Erfahrungen während der Pandemie hätten gezeigt, dass in Deutschland erheblicher Nachholbedarf im Verständnis zwischen Forschenden, Politik und Datenschutzaufsichtsbehörden besteht. Das sei der Hintergrund, vor dem die Datenschutzkonferenz (DSK), das höchste Gremium der Datenschutzbehörden Deutschlands, sich Ende 2022 zur Verarbeitung von Gesundheitsdaten in der wissenschaftlichen Forschung zu Wort gemeldet hatte, erklärte Christof Stein, Sprecher des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI) auf Anfrage.
Tatsächlich unterstreicht die „Petersberger Erklärung“ der Datenschutzkonferenz grundsätzlich das essenzielle Interesse der Allgemeinheit an der wissenschaftlichen Forschung mit Gesundheitsdaten. Eine Forschung mit „Informationen über den Gesundheitszustand“ von Einzelnen sei zu fördern, da diese dazu dienen könne, „Erkenntnisse über die Ursachen von Krankheiten zu gewinnen, effiziente Therapien zu entwickeln und Behandlungsmöglichkeiten zu verbessern“.
Die Erklärung legt aber auch den Finger in die Wunde: Eine unsachgemäße Verwendung solcher Daten könne weitreichende Folgen für die Betroffenen wie soziale Stigmatisierung oder Diskriminierung auf dem Arbeits- und Versicherungsmarkt haben. Daher müssten Patienten darauf vertrauen können, dass ihre Gesundheitsdaten im Einklang mit datenschutzrechtlichen Vorgaben verarbeitet werden. Der Datenschutz sei eine „Voraussetzung für eine menschenzentrierte wissenschaftliche Forschung mit Gesundheitsdaten“, betont die DSK.
Übermittlung muss mit dem Arztgeheimnis vereinbar sein
Die Datenschützer gehen auch auf die Rolle von Ärztinnen und Ärzten ein. Sollten diese ermächtigt werden, personenbezogene Daten zu Forschungszwecken zu übermitteln, müsse die Regelung mit dem Berufsrecht in Einklang stehen. Die Belange des Berufsrechts müssten also bei einer gesetzlichen Regulierung berücksichtigt werden, so der Sprecher des BfDI. Das Arztgeheimnis habe einen hohen Stellenwert und benötige gesteigerte Anforderungen an Datenschutz und -sicherheit.
Ein für das BMG erstelltes Gutachten aus dem Jahr 2020 besagt, dass die Unsicherheit der rechtlichen Beurteilung dafür spreche, eine spezifische Rechtsgrundlage für die einwilligungsunabhängige Datensammlung für Forschung bereitzustellen. Diese müsse dann die berufs- und strafrechtliche Offenbarungsbefugnis begründen. Ein einwilligungsunabhängiges Modell bedürfe also einer Regelung, die die Speicherung und Verwendung von Patientendaten für Forschungszwecke gestattet und damit als höherrangiges Recht den berufsrechtlichen Restriktionen vorgeht.
Gesetzgeber soll’s klären – aber nicht irgendwie
Auch die Petersberger Erklärung zielt darauf, dass der Gesetzgeber die Widersprüche zwischen Berufsrecht und der Weitergabe von Patientendaten regelt. Es geht aber auch um das Wie. So gibt es etwa im Zusammenhang mit dem Datentransparenzverfahren zur Verhältnismäßigkeit Bedenken. Um diese Frage wird auch in einem von der Gesellschaft für Freiheitsrechte unterstützten Klageverfahren gestritten. Der BfDI unterstützt hier ein Verfahren, das es Betroffenen ermöglicht, in besonderen Fällen ihr Widerspruchsrecht auszuüben. Zudem empfiehlt der BfDI, den Betroffenen ein allgemeines Widerspruchsrecht einzuräumen, so sein Sprecher.
Eine Befugnis zur Übermittlung von Patientendaten in ein Register setze außerdem die normenklare Definition des Datenkranzes und die Erforderlichkeit der Erfassung aus medizinisch-fachlicher Sicht voraus. Eine Meldepflicht sei daher nur in Ausnahmefällen denkbar.
Medical-Tribune-Bericht