KBV und BMG Zwei Sprachen, zwei Welten?

Kolumnen Autor: Thomas G. Schätzler

© Nuthawut – stock.adobe.com

Warum reden Ärztevertreter und die Gesundheitsministerialen so oft aneinander vorbei?

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) vertritt die Interessen von 172.000 ambulant tätigen Vertrags-Ärzten/-Psychotherapeuten. In Politik und Öffentlichkeit bringt sie Sachverstand in gesundheitspolitische Diskussionen.

Unser "Kerngeschäft" als niedergelassene Vertragsärzte sind Anamnesen, Untersuchungen, Differenzialdiagnosen, Beratungen, multidimensionale, auch interventionelle Therapien und Palliativmedizin, flankiert durch psychotherapeutische Arbeit. Wir ermöglichen die Versorgung unserer zum großen Teil auch chronisch kranken Patientinnen und Patienten und stellen sie sicher.

Im Gegensatz dazu steht das Bundesministerium mit einem verbal nicht an Krankheiten, sondern nur an Gesundheit und Wohlbefinden orientierten Versorgungsmanagement. Die Selbstbeschreibung des BMG gibt sich selbstzufrieden: "Das deutsche Gesundheitswesen ist in einem sehr guten Zustand. Jeder, der ärztliche oder pflegerische Hilfe benötigt, bekommt sie auch und wir alle genießen einen umfassenden Krankenversicherungsschutz. Dennoch gibt es Bereiche, wie zum Beispiel die Pflege, in denen wir unser Gesundheitswesen zukunftsgerichtet weiterentwickeln müssen. Das ist eine der Aufgaben des Bundesministeriums für Gesundheit."

Dabei fällt auf, dass sich das Spitzenpersonal des BMG als außerordentlich Medizin-, Psychotherapie- und Versorgungs-fremd erweist: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat nach einer Banklehre in Münster den Master der Politologie an der Fernuniversität Hagen gemacht. Die Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Weiss ist Juristin und war als Rechtsanwältin tätig. Der Parlamentarische Staatssekretär Dr. Thomas Gebhart ist promovierter Politikwissenschaftler und Betriebswirtschaftler. Der beamtete Staatssekretär Lutz Stroppe hat ein Studium der Geschichte und der Politikwissenschaften auf Lehramt absolviert.

Ärztinnen und Ärzte im gehobenen Dienst des BMG sind Mangelware. Kenntnisse vertragsärztlicher Gegebenheiten in Theorie und Praxis sind nicht vorhanden. Vielleicht ist das einer der wesentlichen Gründe für Verständnislosigkeit, Kommunikationspannen, Misstöne, Vorwurfshaltungen in Gesprächen, Verhandlungen und Ergebnisformulierungen zwischen KBV und BMG? Krankheit und Gesundheit sind aber doch nur zwei verschiedene Lesarten der "conditio humana".


Auotr:
Facharzt für Allgemeinmedizin
44135 Dortmund

Erschienen in: Der Allgemeinarzt, 2019; 41 (3) Seite 5
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.