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Alter ist kein Hinderungsgrund

Wie bei anderen Erkrankungen auch, ist das Therapieziel bei Typ-2-Diabetes im Alter vor allem der Erhalt der Lebensqualität und die Vermeidung von Akutkomplikationen. Statt strenger Zielwerte wird ein HbA1c-Korridor zwischen 6,5 % und 8,5 % angestrebt, der sich nach der Lebenserwartung und den körperlichen und geistigen funktionellen Einschränkungen richtet, berichtete PD Dr. Anke Bahrmann von der Universitätsklinik Heidelberg. Für unabhängig lebende alte Menschen sollte der HbA1c nach den Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) maximal 7,5 % betragen. Bei leichter funktioneller Abhängigkeit können bis zu 8 % und bei funktionell stark abhängigen alten Menschen bis zu 8,5 % toleriert werden, erläuterte Dr. Bahrmann. Geht es auf das Lebensende zu, ist der HbA1c nicht mehr relevant. Das Ziel ist dann Symptomfreiheit. Doch egal wie die funktionelle Kapazität der Betroffenen ist: Hypoglykämien sollten bei älteren Patienten strikt vermieden werden.
Wie für jüngere ist auch für ältere Patienten Metformin die medikamentöse Therapie der ersten Wahl. Besteht das Risiko für eine akute Verschlechterung der Nierenfunktion, z.B. bei Untersuchung mit Röntgenkontrastmitteln, Operationen in Vollnarkose, fieberhaften Erkrankungen, Exsikkose oder Magen-Darm-Infekten, sollte Metformin pausiert oder abgesetzt werden. Bei klinisch relevanter renaler und/oder kardiovaskulärer Erkrankung empfiehlt die Nationale Versorgungsleitlinie zum Typ-2-Diabetes primär eine Kombinationstherapie von Metformin plus SGLT2-Inhibitoren oder GLP1-Rezeptoranaloga. Das ist auch bei älteren Betroffenen zu erwägen, betonte Dr. Bahrmann. Das Hypoglykämierisiko ist bei beiden Wirkstoffgruppen gering.
SGLT2-Inhibitoren senken den HbA1c um etwa 0,5 % bis 0,8 %, haben einen nierenprotektiven Effekt, senken den Blutdruck um etwa 5 mmHg und reduzieren kardiovaskuläre Komplikationen. Es kann allerdings zu einer Poly- oder Dysurie kommen. Zudem gibt es ein Risiko für Pilz- und Urogenitalinfektionen. Dr. Bahrmann nannte das aber vor allem ein Aufklärungsproblem.
„Es muss eine gute Hygiene gewährleistet sein“, sagte sie. Empagliflozin ist besonders gut für die Therapie älterer Patienten geeignet, ergänzte sie. Dieser SGLT2-Inhibitor muss nur einmal täglich unabhängig von Mahlzeiten eingenommen werden. Elektrolytverschiebungen sind nicht zu befürchten und der SGLT2-Inhibitor kann mit anderen Medikamenten kombiniert werden, da er nicht über Cytochrom P450 verstoffwechselt wird. Auch bei eingeschränkter glomerulärer Filtrationsrate (GFR) kommt es zu keiner klinisch relevanten Kumulation des Wirkstoffs.
Rezeptoragonisten des Peptidhormons GLP1 werden subkutan verabreicht und können auch bei Patienten mit einer schlechten Nierenfunktion bis zu einer GFR ≥ 15 ml/min eingesetzt werden. Es ist eine einmal wöchentliche Anwendung möglich. Nach Dr. Bahrmanns Erfahrung ist das aufgrund der dabei eingesetzten längeren und dickeren Nadeln insbesondere für untergewichtige Patienten aber unangenehm. Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und Kopfschmerzen können Dosisanpassungen nötig machen.
Möchte man die Medikation ändern, sollte das bei älteren Patienten in kleinen Schritten erfolgen. Dr. Bahrmann warnte vor der Kombination von zu vielen oralen Antidiabetika. Es sollte besser frühzeitig auf Insulin oder GLP1-Analoga umgestellt werden.
Wenn bei den Patienten neue Symptome auftreten, ist an eine neue Erkrankung oder Nebenwirkung zu denken. Die Geriaterin empfahl, regelmäßig nach Stürzen zu fragen und die Kognition zu überprüfen. Einmal jährlich sollte die Nierenfunktion kontrolliert werden. Es ist ratsam, dass die Patienten für einen Medikamentencheck alle Arzneimittel mitbringen, die sie einnehmen, auch Over-the-Counter-Produkte aus Apotheke oder Drogeriemarkt. Zu prüfen gilt, ob die Einnahme noch indiziert ist, ob die Medikamente vertragen werden und ob Interaktionen möglich sind.
Quelle: Kongressbericht
Zeyfang A et al. Diabetol Stoffwechs 2023; 18: S226-S236; DOI: 10.1055/a-2076-0080
S3-Leitlinie Nationale Versorgungleitlinie (NVL) Typ-2-Diabetes Langfassung, AWMF-Register-Nr. nvl-001, www.awmf.org
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