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Bandscheibenvorfall: nach einer Woche ohne Schmerzen
Als stärksten Prädiktor für die Chronifizierung nach Episoden akuter Rückenschmerzen haben Studien die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ermittelt, erinnerte der niedergelassene Orthopäde und Sportmediziner Dr. Hans-Herrmann Moll aus Ludwigsburg. Eine der wichtigsten hausärztlichen Aufgaben besteht deshalb darin, dem Patienten Mut zu machen, damit er schnellstmöglich wieder auf die Beine kommt.
Vermitteln Sie das Gefühl, dass es sich um eine akute Krise handelt, die Arzt und Patient gemeinsam meistern werden. „Sie haben sicher schon andere Krisen bewältigt,“ erklärt Dr. Moll akut lahmgelegten Patienten. Diese steigen dann meist auf das positive Angebot ein: „Stimmt, ... und oft geht man ja aus Krisen gestärkt hervor.“
Machen Sie Ihren Patienten Mut! Analgetika und Physio helfen.
Eine wichtige Voraussetzung bestehe in der Glaubwürdigkeit des Arztes: „Auf Ihre Vorhersage, dass nach einer Woche der Schmerz weg ist, muss sich der Patient verlassen können, dann spielt er mit.“ Die Nummer eins der Stufentherapie heißt demnach: Schmerzen in den Griff bekommen.
Am ersten Tag verabreicht Dr. Moll eine Injektion an die Nervenwurzel und gibt dem Patienten NSAR als Tabletten mit, um das gereizte Gewebe abschwellen zu lassen. Eventuell folgt eine weitere Injektion am Tag zwei. Es geht darum, den Nerv schnellstmöglich zu befreien, um den Patienten in einen Zustand zu versetzen, in dem die Physiotherapie beginnen kann. Parallel dazu lässt sich auch klären, wo genau sich der Vorfall befindet (klinische Zeichen, ggf. Bildgebung).
Möglichst schnelle Linderung schützt vor chronischen Schmerzen
Am Tag drei erhalten die Patienten bei Dr. Moll eine Infusion mit Methocarbamol (muskelrelaxierend), Diazepam, Tramadol, Kortison und Vitamin B12. Während dieser ersten Woche bekommt der Patient als Hausaufgabe den Auftrag, morgens und abends kurz den Zehen- und Hackengang zu testen. Dies dient zur Kontrolle der Motorik: Aus zunehmender Schwäche könnte sich eine Op.-Indikation ergeben – ebenso wie aus Störungen der Blasen- und Darmfunktion.
Vom dritten auf den vierten Tag der Therapie können die Betroffenen nachts meist schon wieder gut schlafen, berichtete Dr. Moll. Am Ende der Woche verabreicht er eventuell eine weitere Infusion. Misstrauisch werden müssen Sie, wenn der Patient Ihnen hocherfreut berichtet, sein Kreuz tue plötzlich nicht mehr weh. Gibt er auf Nachfragen an, dass der Schmerz sich nun ins Bein verlagert hat und er Pelzigkeit in der Großzehe verspürt, bedeutet das, dass die Nervenwurzel langsam kaputtgeht. Dann heißt es dekomprimieren.
Physiotherapie in Stufen |
Erfahrungsgemäß am besten und bei Privatpatienten auch möglich zu verordnen sind bei der 1. Stufe 6 x z.B. KG zur Traktion, bei der 2. Stufe 6 x z.B. KG zum Haltungstraining und bei der 3. Stufe 10 x z.B. muskuläres Aufbautraining/KGG. Bei Kassenpatienten können zweimal in Folge 6 x KG (also 1. und 2. Stufe) verordnet werden und dann erfolgt bei Bedarf die Verordnung von Rehasport zur Wiederherstellung der vollen Belastbarkeit im Alltag und bei sportlicher Aktivität. |
Vorsicht bei Parästhesien und Störung der Blasenfunktion!
„Platz schaffen“ bzw. „Muskel- und Kapsellockerung“ lautet auch das Motto der Stufe zwei der Therapie. Der Physiotherapeut muss jetzt aufdehnen. Verlagert sich im Zuge dieser Behandlung ein herabgewanderter Schmerz zunächst wieder ins Kreuz, mag das für Ihren Patienten enttäuschend sein. Dann müssen Sie ihm erklären, das dies ein gutes Zeichen (Nervenerholung) ist.
Es folgt die Stufe drei: Position stabilisieren über Muskelkräftigung, Haltungstraining und Aufrichtung des Beckens. Am Schluss steht die Stufe vier: Ausgleich muskulärer Dysbalancen und Steigerung der Belastbarkeit im Alltag. Mit diesem Vorgehen lässt sich verhindern, dass der Nerv nach kurzer Zeit erneut einklemmt, betonte Dr. Moll. Dementsprechend genau müssen Ihre Anweisungen an den Physiotherapeuten ausfallen – am besten planen Sie ein gemeinsames Vorgehen.
Im Anschluss: Muskelaufbau zur Prophylaxe
Achten Sie auch darauf, dass die Genesung des Patienten nicht durch Wartezeit auf den Physiotherapie-Termin verzögert wird: Der Physiotherapeut muss gemäß der aktuellen Heilmittelrichtlinie (HMR) mit der Therapie innerhalb von 14 Tagen nach Ausstellung der Verordnung beginnen, erklärte der Orthopäde, „denn der Patient soll so rasch wie möglich wieder in seinen Alltag, zu seiner Arbeit oder seiner Sportlerkarriere zurückkehren“.
Quelle: 50. Ärztekongress der Bezirksärztekammer Nordwürttemberg, Stuttgart, 2015
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