Bei Schwangeren den Speiseplan ergänzen

Ulrike Viegener, Foto: fotolia/Deymos.HR

Folsäure muss sein, keine Frage. Doch drohen während der Schwangerschaft noch weitere Versorgungslücken, welche die Entwicklung des Kindes negativ beeinflussen könnten? Eine aktuelle Studienübersicht beschäftigt sich damit.

Nahrungsergänzungsmittel für die Schwangerschaft werden häufig mit Werbeaussagen feilgeboten, die den Frauen suggerieren, ohne eine Supplementierung sei die Gesundheit ihres Kindes in Gefahr. Viele der angebotenen Produkte enthalten mehr als zwanzig verschiedene Mikronährstoffe, die vor Mangelzuständen und dadurch bedingten Entwicklungsstörungen des Embryos schützen sollen.

Die Datenlage dazu ist allerdings mehr als dürftig, kritisieren Experten. Falls überhaupt saubere wissenschaftliche Studien vorhanden sind, wurden diese häufig in sogenannten "Low Income Countries" (Ländern mit geringem Einkommen) durchgeführt, wo die Unter- und Fehlversorgung von schwangeren Frauen eine ganz andere Relevanz besitzt als in westlichen Industrie­nationen.

Jede dritte Frau mit Vitamin D unterversorgt

Der jetzt veröffentlichte Review orientiert sich an den aktuellen Empfehlungen des britischen "National Institute for Health and Care Excellence" (NICE) und hinterfragt deren wissenschaftliche Grundlage. Die NICE-Empfehlungen sehen lediglich eine Supplementierung von Folsäure und Vitamin D vor.

Frauen mit Kinderwunsch sollen nach Möglichkeit bereits vor der Empfängnis mit der Supplementierung von 400 µg Folsäure täglich beginnen und diese bis zum Ende des ersten Schwangerschaftstrimenons fortführen. Zielsetzung ist die Verhinderung von Neuralrohrdefekten, die in Europa bei rund neun von 10 000 Geburten auftreten. Eine höhere Dosis von täglich 5 mg Folsäure wird für Frauen mit entsprechender Risikoschwangerschaft empfohlen. Dass eine Prävention mit Folsäure die Inzidenz von Spina bifida und Anenzephalie in relevantem Ausmaß reduziert, ist mit guter Evidenz belegt.

Die Evidenzlage zur Supplementierung von Vitamin D ist weniger überzeugend und doch gibt es einige Argumente dafür: In den letzten Jahren sind in westlichen Industrienationen wiederholt Fälle von Knochenwachstumsstörungen wie Rachitis aufgetreten, die mit einer relevanten Vitamin-D-Unterversorgung vieler Frauen assoziiert werden.

Rund ein Drittel aller jungen Frauen zwischen 19 und 24 Jahren ist in Großbritannien laut einer Studie betroffen. Zudem belegen Daten, dass eine positive Korrelation zwischen den Vitamin-D-Spiegeln der Mutter während der Schwangerschaft und der Knochengesundheit des Neugeborenen besteht.

Eisenbedarf besser durch gesunde Ernährung decken

Ein durch randomisierte Studien geführter überzeugender Nachweis, dass sich die kindliche Knochenentwicklung durch Vitamin-D-Supplemente tatsächlich günstig beeinflussen lässt, steht zwar noch aus. Trotzdem halten die NICE-Experten auf Basis der aktuellen Datenlage die Supplementierung von 10 µg (400 Einheiten) Vitamin D während der gesamten Schwangerschaft und der Stillzeit für empfehlenswert.

Für eine Supplementierung aller anderen Mikronährstoffe be­stehe dagegen keine Grundlage, was folglich auch für – die meist teuren – Multivitaminpräparate gilt. So konnte weder für die zusätzliche Zufuhr von Eisen noch von Vit­amin C oder Vitamin E ein positiver Effekt aufs kindliche "outcome" gezeigt werden. Und vermehrte Zufuhr von Vitamin A kann sogar teratogen wirken. Frauen sollten entsprechend aufgeklärt und verstärkt motiviert werden, während der Schwangerschaft besonders auf gesunde Ernährung zu achten.


Quelle: Drug and Therapeutics Bulletin 2016; 54(7): 81-84

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