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Kraniopharyngeom: Neue Achillesferse

Kraniopharyngeome lassen sich oft nicht vollständig entfernen und Rezidive sowie bleibende Beeinträchtigungen sind häufig. Wissenschaftler:innen um Prof. Dr. Priscilla K. Brastianos vom Massachusetts General Hospital Cancer Center, Boston, machten sich zunutze, dass sie zuvor in mehr als 90 % der Tumoren des papillären Subtyps eine BRAFV600E-Mutation nachgewiesen hatten. Im Rahmen einer Phase-2-Studie behandelten sie 16 Patient:innen mit papillären Kraniopharyngeomen durch eine kombinierte BRAF-MEK-Inhibition. Die Teilnehmenden hatten noch keine Bestrahlung oder Systemtherapie erhalten.
15 der 16 Personen sprachen innerhalb von vier Monaten mindestens partiell auf Vemurafenib-Cobimetinib an. Median ging das Tumorvolumen derjenigen, die die Medikamente wie geplant einnahmen, um 91 % zurück. Knapp zwei Jahre nach der Behandlung wiesen drei Viertel der Betroffenen eine stabile Erkrankung auf.
Das PFS betrug nach 12 Monaten 87 % und nach 24 Monaten 58 %. Todesfälle traten nicht auf. Bei niemandem schritt der Tumor fort, während er oder sie noch protokollgemäß behandelt wurde. 6 der 7 Erkrankten, die die duale Inhibition beendeten und anschließend auf weitere Therapien verzichteten, schienen nach median 23 Monaten progressionsfrei.
Und die Nebenwirkungen?
Zwölf Patient:innen entwickelten unter der Behandlung Ereignisse vom Grad 3. Mehrmals traten in der Kohorte Ausschläge, Dehydratation, ein verlängertes QT-Intervall sowie eine erhöhte alkalische Phosphatase auf. Bei den zwei dokumentierten Komplikationen des Schweregrads 4 handelte es sich um einen asymptomatischen Anstieg der Kreatininkinase und eine schwere Hyperglykämie.
Die Kolleg:innen betonen, Vemurafenib-Cobimetinib habe bei allen Patient:innen, die mindestens einen vollständigen Therapiezyklus erhielten, zu einem dramatischen Ansprechen des Tumors geführt. Dieses dauerte an und betraf sowohl die zystische als auch die kontrastmittel-anreichernde Region des Kraniopharyngeoms. Zu klären bleibe noch, ob auch eine alleinige BRAF-Inhibition ausreichen würde, wie die optimale Therapiedauer aussieht und ob Ähnliches für Rezidive gilt.
Auch Prof. Dr. Jaishri O. Blakeley, Johns Hopkins School of Medicine, Baltimore, und Prof. Dr. Kevin Shannon, University of California San Francisco, stimmen in ihrem Kommentar zu, dass die Ergebnisse die klinische Praxis verändern könnten. Zukünftig stelle möglicherweise eine Pharmakotherapie den ersten Behandlungsschritt dar, und erlaube im Anschluss eine schonendere Bestrahlung oder vollständige Resektion. Im Wesentlichen sehen die Kommentierenden die gleichen offenen Fragen wie die Studienverantwortlichen selbst. Sie weisen allerdings darauf hin, dass die beobachteten Toxizitäten problematisch für die Langzeitbehandlung eines indolenten, histologisch benignen Tumors seien.
Quellen:
1. Brastianos PK et al. N Engl J Med 2023; 389: 118-126; DOI: 10.1056/NEJMoa2213329
2. Blakeley JO, Shannon K. N Engl J Med 2023; 389: 179-181; DOI: 10.1056/NEJMe2305288
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