Oft wird Krebs vom Immunsystem erkannt, aber nicht bekämpft. Ein Grund besteht darin, dass Tumorzellen häufig versuchen, sich auf ihrer Oberfläche zu tarnen, und dadurch die Immunzellen ausbremsen. Diese können dann die Tumorzellen nicht erkennen und greifen daher den Krebs nicht an. Er kann ungestört weiterwachsen. Neue Medikamente können diese Tarnung oder Blockade auf Tumorzellen oft ausschalten und so die Bremsen der Immunabwehr lösen.
Ständig ist unser Immunsystem auf der Suche nach Zellen und Partikeln, die in unserem Körper eigentlich nichts verloren haben. Dazu gehören Krankheitserreger, die von Außen in den Körper eindringen, ebenso wie entartete oder kranke körpereigene Zellen. Daher müssen die Zellen des Immunsystems sehr gut zwischen unerwünschten, kranken und gesunden Zellen unterscheiden können. Ist das Immunsystem blockiert, besteht ein höheres Risiko für Krankheiten und Tumorwachstum. Ist es überaktiviert, kann sich das Immunsystem auch gegen eigentlich gesunde Zellen richten.
Fachleute sprechen dabei von den sogenannten Autoimmunkrankheiten. Das Immunsystem muss also die Immunabwehrzellen sehr genau regulieren, damit kranke Zellen angegriffen und gesunde geschont werden.
Dafür tragen die Immunzellen sehr viele Rezeptoren auf der Zelloberfläche. Mit entsprechenden Botenstoffen, die an den Rezeptoren andocken, oder Oberflächensignalen im Sinne eines Schlüssel-Schloss-Prinzips kann das Immunsystem die Aktivität der Killerzellen regulieren. Diese Andockstellen werden Kontrollpunkte oder Immun-Checkpoints genannt.
1. Die Täuschung
Bei bestimmten Krebsarten funktioniert die Freund-Feind-Erkennung gut. Das heißt, der Krebs wird vom Immunsystem als Störenfried erkannt. Aber viele Tumorarten greifen in den Regelkreislauf des Immunsystems ein. Sie senden Botenstoffe an die Immunzellen aus oder tarnen sich durch spezielle Oberflächeneiweiße. Diese docken an die Rezeptoren, die Immun-Checkpoints, an und sorgen dafür, dass die Killerzellen in ihrem Kampf gegen den Krebs gebremst werden.
„Dies ist ein wichtiger Ansatzpunkt im Kampf gegen den Krebs“, sagt Professor Dr. Lothar Bergmann, Onkologe und Hämatologe, Universitätsklinikum Frankfurt. „Ziel der Forschung war und ist es, Medikamente zu finden, die die Rezeptoren auf den Immunabwehrzellen so besetzen, dass die Botenstoffe des Krebses unwirksam bleiben oder die Tarnung auf den Tumorzellen aufgehoben wird und damit die Immunabwehrzellen nicht gebremst werden.“
3. Nebenwirkungen
Besondere Aufmerksamkeit muss beim Einsatz von Immun-Checkpoint-Inhibitoren auf die Nebenwirkungen gelegt werden. Denn wenn die Bremse der Immunabwehrzellen gelöst wird, kann es passieren, dass der Freund-Feind-Erkennung Fehler unterlaufen. Dies bedeutet, dass das Immunsystem auch gesunde Zellen im Körper als Feind definiert und bekämpft. „Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen unter anderem Müdigkeit, Hautausschlag, Durchfall, Schilddrüsenunterfunktion und nicht-infektiöse Lungenentzündungen“, sagt Prof. Bergmann.
„Daher rate ich dringend, bei jeder erkennbaren Veränderung des Gesundheitszustandes rasch und frühzeitig den behandelnden Arzt zu informieren. Heldentum ist hier völlig fehl am Platz.“ Zudem gilt, dass Autoimmunkrankheiten die Gefahr bergen, unter einer Behandlung mit Immun-Checkpoint-Inhibitoren wieder aufzutreten oder verstärkt zu werden. Deshalb muss der Arzt unbedingt informiert werden, wenn Patienten eine solche Erkrankung durchgemacht haben oder darunter leiden.
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