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Es spielt keine Rolle, ob Antibiotika oder andere Faktoren die Ursache sind

Dass Antibiotika durch Beeinträchtigung der Darmflora den Therapieerfolg negativ beeinflussen, vermuten Forschende schon länger. Kanadische Onkolog:innen um Dr. Lawson Eng vom Princess Margaret Cancer Centre in Toronto präsentieren dazu nun eine große, retrospektive, populationsbasierte Untersuchung aus dem Territorium Ontario.1 Von 2.737 mindestens 65 Jahre alten Krebserkrankten, die zwischen Juni 2012 und Oktober 2018 CPI erhalten hatten, erhoben sie durch Verlinkung mit weiteren Datenbanken relevante Kovariablen, vor allem zur Verschreibung von Antibiotika vor Beginn der Immuntherapie. 59 % der Patient:innen hatten während eines Jahres, 19 % binnen der 60 Tage unmittelbar vorher eine solche antiinfektiöse Behandlung erhalten. Zielgröße war der Zusammenhang zwischen Antibiotikatherapie und dem Gesamtüberleben.
Das mediane OS für alle Teilnehmenden betrug 306 Tage. In multivariaten Analysen erhöhte jedwede Antibiotikaexposition während des Jahres vor Beginn der CPI-Gabe das Mortalitätsrisiko signifikant um 12 % (adjustierte HR 1,12; 95%-KI 1,12–1,23; p = 0,03). Besonders riskant schienen dabei Fluorochinolone zu sein. Wurden sie irgendwann im zurückliegenden Jahr verabreicht, stieg das Mortalitätsrisiko um 26 % (aHR 1,26; 95%-KI 1,13–1,40; p < 0,001), bei Einsatz innerhalb von 60 Tagen vorher immer noch um 20 % (HR 1,20; 95%-KI 0,99–1,45; p = 0,06). Dabei gab es einen Dosiseffekt: Jede Woche Antibiotikatherapie im zurückliegenden Jahr schlug mit einem Anstieg um 7 % zu Buche (aHR 1,07 pro Woche; 95%-KI 1,03–1,11; p < 0,001), innerhalb der 60-Tage-Frist waren es 12 % (aHR 1,12 pro Woche; 95%-KI 1,03–1,23; p = 0,01).
Die Daten deuten darauf hin, dass eine Behandlung mit Antibiotika und insbesondere mit Fluorochinolonen die Wirksamkeit von CPI bei Älteren deutlich beeinträchtigt. Verschiedene Strategien zum Gegensteuern sind denkbar, so die Autor:innen, zum Beispiel die Limitation einer Antibiotikatherapie vor einer CPI-Gabe oder die Modifikation bzw. Wiederherstellung des geschädigten Darmmikrobioms. Außerdem könnte man bei entsprechend exponierten Patient:innen eine onkologische Sequenztherapie so gestalten, dass zunächst andere Behandlungen und erst danach CPI zum Einsatz kommen.
Auch der Erfolg einer Therapie mit CAR-T-Zellen kann durch Defizite im Darmmikrobiom konterkariert werden, unabhängig davon, ob diese von Antibiotika verursacht sind oder nicht. An einer Kohortenstudie nahmen insgesamt 172 Erkrankte mit B-Zell-Lymphomen teil, die an drei deutschen und zwei US-amerikanischen Universitätsklinika gegen CD19 gerichtete CAR-T-Zellen erhielten.2 Wie Dr. Christoph K. Stein-Thoeringer vom Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg und Kolleg:innen berichteten, gab es in der Gesamtkohorte eine Korrelation zwischen einer Behandlung mit Breitspektrum-Antibiotika und einem schlechteren onkologischen Ergebnis. Da dafür aber auch eine größere Tumorlast und eine stärkere systemische Inflammation bei den antibiotisch behandelten Patient:innen verantwortlich sein könnte, führten die Forschenden eine weitere Analyse in der Gruppe derjenigen Personen durch, die keine Hochrisiko-Antibiotika erhalten hatten.
Teilnehmende, die vor Infusion der CAR-T-Zellen im Darm Bifidobacterium longum sowie eine durch das Mikrobiom kodierte Peptidoglykan-Biosynthese aufwiesen, hatten kürzere Gesamt- und progressionsfreie 6-Monats-Überlebenszeiten. Ein maschinell trainierter Algorithmus identifizierte bei diesen Personen eine Korrelation zwischen einem Langzeitansprechen auf die Therapie und insbesondere dem Vorliegen der Stämme Bacteroides, Ruminococcus, Eubacterium und Akkermansia; letztere Organismen gingen außerdem mit höheren Konzentrationen an peripheren T-Lymphozyten vor Infusion der CAR-T-Zellen einher. Diese Zusammenhänge wurden zunächst in der deutschen Teilkohorte gefunden und sodann unabhängig in der Gruppe der US-amerikanischen Patient:innen bestätigt.
Die Daten erweitern das Wissen über die Zusammenhänge zwischen Darmmikrobiom und der Wirksamkeit onkologischer Immuntherapien. Das ließe sich künftig auch zur Selektion von Patient:innen nutzen.
Fett und Muskeln verbessern die CAR-T-Zell-Therapie
Besonders gut fiel die Prognose aus, wenn Fett- und Skelettmuskelmasse hoch waren: Dann betrug nach einem Jahr das progressionsfreie Überleben 50 % und das Gesamtüberleben 83 %.
Auch der Ernährungszustand spielt eine Rolle
Im Zuge der CAR-T-Zell-Therapie scheinen weitere Parameter von Bedeutung zu sein: Das Adipositas-Paradoxon etwa tauchte in den vergangenen Jahren in Zusammenhang mit der CPI-Gabe auf, wo, anders als bei Chemotherapien, ein hoher Anteil an Fettgewebe im Körper mit einer bessseren Prognose einhergeht.
Das Team um Dr. Kai Rejeski, LMU Klinikum München, untersuchte eine deutsch-US-amerikanischen Kohorte von 106 Lymphom-Patient:innen, die gegen CD19 gerichtete CAR-T-Zellen erhielten.3 Darin korrelierten geringe viszerale Fettreserven, eine Sarkopenie und ungünstige Immun-Ernährungsparameter vor Verabreichung der Zellen negativ mit dem Ansprechen sowie dem progressionsfreien und dem Gesamtüberleben.3 Auch in einer multivariaten Analyse, in der für ECOG-Performancestatus, C-reaktives Protein und Laktatdehydrogenase kontrolliert wurde, war das in CT-Aufnahmen bestimmte intraabdominale Fettgewebe ein unabhängiger Faktor für ein günstiges Langzeitergebnis (HR 0,27; p = 0,03).
Quellen:
1. Eng L et al. J Clin Oncol 2023; 41: 3122-3134; DOI: 10.1200/JCO.22.00074
2. Stein-Thoeringer CK et al. Nat Med 2023; 29: 906-916; DOI: 10.1038/s41591-023-02234-6
3. Rejeski K et al. Cancer Immunol Res 2023; 11: 707-719;DOI: 10.1158/2326-6066.CIR-22-0487
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