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Das bereitet auch dem Arzt Kopfschmerzen

Rund 2 % der Notfallpatienten stellen sich aufgrund von Kopfschmerzen vor. Die Herausforderung dabei: Allein von dem klinischen Phänotyp lässt sich nicht auf die Ursache schließen, schreiben Privatdozent Dr. Christoph J. Schankin, Neurologische Klinik, Inselspital, Universitätsspital Bern, und Kollegen.
So ist der primäre und damit gutartige Kopfschmerz vom sekundären zu unterscheiden. In 2 % liegt eine bedrohliche Ursache wie eine intrakranielle Blutung oder eine Infektion des ZNS zugrunde. Deshalb erfordert die Diagnose „primärer Kopfschmerz“ immer den Ausschluss der sekundären Form. Insbesondere bei Migränehistorie ist dies nicht immer einfach.
Die ausführliche Anamnese beinhaltet Fragen zu:
- Phänotyp
- Dynamik
- Trigger
- Vorerkrankungen
- Schwangerschaft
- Medikamentenstatus
- Familienanamnese
„Red Flags“ können dabei Hinweise auf schwerwiegende Erkrankungen geben (s. Tabelle). Der Phänotyp lässt sich anhand Kopfschmerzstärke, Lokalisation, potenziellen migräneartigen Begleitsymptomen, Zunahme bei körperlicher Belastung oder Ruhebedürfnis schnell abklären. Das Augenmerk gilt dann der Dynamik. Wie hat der Kopfschmerz begonnen (Donnerschlag vs. über Stunden bis Wochen aufbauend)? Bestehen beschwerdefreie Intervalle?
Gefäßdissektion, Ateriitis temporalis
Hier wird's gefährlich | ||
---|---|---|
Dynamik | Red Flags | Potenzielle Ursache |
perakuter Beginn | Subarachnoidalblutung | |
kontinuierliche Schmerzzunahme | Sinusvenenthrombose | |
Phänotyp | stärkste Kopfschmerzen | Meningitis, Subarachnoidalblutung, reversibles zerebrales Vasokonstriktionssyndrom |
unilateral | ||
erstmaliger Kopfschmerz | u.a. Subarachnoidalblutung, Sinusvenenthrombose | |
Begleitsymptome | Sehrstörungen | Gefäßdissektion, Ateriitis temporalis, intrakranielle Hypertension |
Nackensteifigkeit | Meningitis, Subarachnoidalblutung, Meningeosis carcinomatosa | |
epileptische Anfälle | u.a. Meningitis, Subarachnoidalblutung, Sinusvenenthrombose | |
Schwindel, Gangunsicherheit | Vertebraldissektion, Kleinhirntumor |
Kernspin ist der CT vorzuziehen
Auch Trigger sollten eruiert werden. Tritt der Kopfschmerz beispielsweise im Liegen und vor allem morgens auf, können z.B. eine arterielle Hypertonie oder eine Hirndruckerhöhung dahinterstecken. Ein unilateraler persistierender Schmerz nach einem Halstrauma spricht hingegen für eine Arteriendissektion. Nicht nur migräneartige, auch weitere Begleitsymptome sollte man abfragen. Hilfreich ist es, diese in fokalneurologische, kranial parasympathische autonome und unspezifische Beschwerden zu clustern. Ein sekundärer Kopfschmerz kann sich u.a. durch fokalneurologische Symptome wie Seh-, Sprach- und Sensibilitässtörungen sowie Lähmungen auszeichnen.
Und alle neurologischen Ausfälle, die nicht einer Migräne ähneln, können auf Hirnschäden hinweisen. Als Beispiele nennen die Autoren Hemiparese bei Herpes-Enzephalitis sowie fokale epileptische Anfälle durch eine Sinusvenenthrombose. Kranioautonome Symptome wie Lakrimation, Rhinorrhoe oder nasale Kongestion (uni- bzw. ipsilateral zum Schmerz) können für Clusterkopfschmerzen aber z.B. auch bei Glaukomabfall oder Karotis-Sinus-cavernosus-Fistel vorkommen. Deshalb gilt es, die Beschwerden in einen Gesamtkontext einzuordnen.
Die ausführliche Anamnese benötigt Zeit, hilft aber im Nachhinein, diese zu sparen, da man durch ihre Hinweise unnötige Untersuchungen vermeiden kann und dafür mit gezielter Diagnostik schneller zur Diagnose gelangt. Grundsätzlich ist es laut den Experten viel schwieriger, die Entscheidung gegen weitere Diagnostik zu treffen, als dafür.
Zwar empfehlen Fachgesellschaften bei jungen Personen mit unverändertem, bekanntem Kopfschmerz ohne epileptische Anfälle und ohne fokalneurologisches Defizit, auf Bildgebung zu verzichten. Jedoch geben die Schweizer Kollegen zu bedenken, dass das Erscheinen des Patienten in der Notfallaufnahme vermutlich per se ein Hinweis auf einen veränderten Kopfschmerz ist.
Bei neuem Kopfschmerzmuster, epileptischem Anfall, pathologischem Untersuchungsbefund respektive begleitender HIV-Erkrankung wird hingegen zur Bildgebung geraten. Meist kommt dann die CT zum Einsatz, ergänzt durch eine Gefäßdarstellung. Die MRT besitzt jedoch eine höhere Sensitivität und Spezifität und ist demnach der CT vorzuziehen, insbesondere bei Verdacht auf Dissektion, Brückenvenenthrombose, Hypophysenapoplexie oder Subarachnoidalblutung. Die Autoren empfehlen ergänzend zu Labor (u.a. Entzündungs-, Nieren-, Blutwerte) Nasennebenhöhlenbildgebung und ggf. Lumbalpunktion.
Die Therapie sekundärer Kopfschmerzen richtet sich nach der Ursache und den Beschwerden. Auf Basis des WHO-Stufenschemas beginnt die symptomatische Behandlung leichter Schmerzen mit Paracetamol 1 g i.v. Alternativ können Ibuprofen (600 mg p.o.) oder ASS (1 g i.v.) zum Einsatz kommen – jedoch erst nach Ausschluss einer Blutung. Gute Erfahrungen haben die Autoren mit 1 g i.v. Metamizol ggf. in Kombi mit 10 mg i.v. Metoclopramid gemacht. Die Zulassung von Metamizol ist jedoch auf starke, anders nicht behandelbare Schmerzen beschränkt.
Patienten anhalten, ein Schmerztagebuch zu führen
Von einer Opioidgabe sollte man aufgrund des Suchtpotenzials und möglichen Kopfschmerzen durch Medikamentenübergebrauch absehen. Liegt der begründete Verdacht auf eine intrakranielle Blutung oder Hirnhautentzündung vor, ist sie jedoch indiziert. Auf ASS oder Triptane sollte dann aufgrund der vasokonstriktorischen Wirkung bzw. Gerinnungsbeeinträchtigung verzichtet werden.
Neben der Akuttherapie und der ursächlichen Behandlung empfehlen die Schweizer Kollegen, den Patienten mit einer begründeten Verdachtsdiagnose und Anweisungen für das weitere Vorgehen wie Vorstellen beim Neurologen und Führen eines Schmerztagebuchs zu entlassen.
Quelle: Schankin CJ et al. Swiss Medical Forum 2017; 17: 425-433
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