
Das Darmmikrobiom beeinflusst den Therapieerfolg

Als „Masterregulator der Krebs-immuntherapie“ bezeichnete Prof. Dr. Hendrik Poeck vom Universitätsklinikum Regensburg das Darmmikrobiom. Patient:innen mit malignen Erkrankungen, die mit Immuntherapien behandelt werden, haben eine größere Überlebenswahrscheinlichkeit, wenn sie zuvor keine Antibiotika erhalten haben und ihr Darmmikrobiom eine ausgeprägte Diversität aufwies, erklärte er.
Wichtig sind die Metabolite, die das Darmmikrobiom freisetzt. Sie können in die portale Zirkulation übergehen und so im ganzen Körper Effekte haben – auch auf das Tumormilieu. Als günstig haben sich kurzkettige Fettsäuren (SFA) herausgestellt, die typisch für ein vielfältiges Mikrobiom bei faserreicher Kost sind. Im Falle einer einseitigen und fettreichen Ernährung dominieren Bakterien, die eher Indole und Enterotoxine freisetzen.
Solche Metaboliten können für eine Risikoabschätzung vor der allogenen Stammzelltransplantation (alloSCT) genutzt werden. Der immunmodulatorische Metaboliten-Risikoindex (IMM-RI) basiert auf den SFA Buttersäure und Propionsäure, der verzweigtkettigen Isovaleransäure sowie Desaminotyrosin und Indol-3-Carboxaldehyd. Ein niedriger IMM-RI und ein hohes Niveau intestinaler Metaboliten im Stuhl war bei Patient:innen, die allogen stammzelltransplantiert werden, signifikant mit einem besseren Gesamtüberleben (OS, p = 0,006), einer geringeren transplantationsassoziierten Mortalität (p = 0,052) und einer geringeren Rezidivwahrscheinlichkeit (p = 0,044) im Vergleich zu einem hohen IMM-RI und wenigen intestinalen Metaboliten assoziiert. Ein geringer Rückgang bakterieller Metaboliten im Stuhl nach der alloSCT geht ebenfalls mit einer höheren OS-Wahrscheinlichkeit einher, verglichen mit einem starken Abfall, berichtete Prof. Poeck.
CARbiome-Studie
Aktuell plant das NCT WERA (Universitätsklinika Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg) eine Phase-2-Studie namens CARbiom. Dabei soll ein FMT vor der Therapie mit gegen BCMA gerichteten CAR-T-Zellen erfolgen. Teilnehmen können Patient:innen mit einem rezidivierten/refraktären multiplen Myelom, die diese Therapie erhalten sollen und in den letzten acht Wochen zuvor antibiotisch behandelt worden waren. In der ersten Studienphase erhalten alle Erkrankten eine FMT zusätzlich zur CAR-T-Zell-Therapie, in der zweiten Phase werden randomisiert FMT- oder Placebokapseln zusätzlich zur CAR-T-Zell-Therapie verabreicht. Parallel wird die Ernährung protokolliert und eine Ernährungsberatung durchgeführt.
Darmmikrobiom und Immuntherapie
Im Mausmodell konnte seine Forschungsgruppe zeigen, dass die Gabe von Metaboliten die Graft-versus-Host-Erkrankung reduzieren und die Graft-versus-Leukämie-Reaktion verstärken kann. Die Metaboliten scheinen also unterschiedliche Effekte auf verschiedene T-Zell-Populationen zu haben.
Auch für die CAR-T-Zell-Therapie ist das Darmmikrobiom relevant. Prof. Poeck berichtete aus einer Interimsanalyse der Forschungsgruppe TANGO von 111 Patient:innen, die in Regensburg, Heidelberg und München wegen unterschiedlicher maligner Erkrankungen eine CAR-T-Zell-Therapie erhalten hatten. Ein diverses Mikrobiom mit entsprechenden Metaboliten war ein Prädiktor für ein längeres Überleben der Behandelten. Prognostisch günstig waren Valerian- und Isovaleriansäure, prognostisch ungünstig Indol-3-Essigsäure und 3-Formylindol.
Die Patient:innen, die vor der CAR-T-Zell-Therapie eine Antibiotikabehandlung erhalten hatten, wiesen nach der Infusion gegenüber nicht antibiotisch vorbehandelten Personen verringerte Metabolitenkonzentrationen auf und die Wahrscheinlichkeit für das progressionsfreie Überleben war bei ihnen reduziert. Die Metaboliten spielen direkt für die Aktivität der CAR-T-Zellen eine Rolle, wie weitere Experimente zeigten: In vitro wie in vivo beeinträchtigen Indole das CAR-T-Zell-basierte Abtöten von soliden und hämatologischen Krebszellen, während Valerate die Aktivität von CAR-T-Zellen verbessern.
Die Zusammenhänge von Darmmikrobiom und Immuntherapien lassen sich nutzen, ist Prof. Poeck überzeugt. Eine möglichst lange befolgte faserreiche, vielfältige Kost sei auch bei einer Immuntherapie sinnvoll. Denkbar ist zudem die Gabe von Pro- und Präbiotika oder ein fäkaler Mikrobiomtransfer (FMT), um die Zusammensetzung des Darmmikrobioms und die freigesetzten Metaboliten zu beeinflussen.
Quelle:
Poeck H. International Symposium Acute Leukemias XIX; Vortrag „Modulation of GvL and CAR T responses“
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