
Der Lichen sclerosus et atrophicus kann auch Sie narren!
Meist trifft der Lichen sclerosus et atrophicus kleine Mädchen im Alter zwischen fünf und elf Jahren oder erwachsene Frauen über 40 Jahre. Die Pathogenese des Lichen sclerosus et atrophicus (LSA) ist nicht im Detail geklärt.
Angenommen werden Autoimmunmechanismen, denn 67 % der Betroffenen weisen Antikörper gegen extrazelluläres Matrix-Protein und 30 % Antikörper gegen Basalmem-branprotein auf, fasste Professor Dr. Peter Altmeyer von der Universitätshautklinik Bochum zusammen.
Lichen sclerosus et atrophicus weckt leicht den Verdacht auf sexuellen Missbrauch
Als typisch gilt bei kleinen Mädchen der genitale Befall mit klaffender Vulva und verstrichenen kleinen Labien, was mitunter zum irrigen Verdacht des sexuellen Missbrauchs führt. Bei Frauen mit Lichen sclerosus et atrophicus finden sich oft flächenhaft befallene große Schamlippen. Juckreiz, Brennen und Schmerzen plagen die Patientinnen ununterbrochen.
Auch extragenital treten – wenn auch seltener – Veränderungen auf. Typisch für den Lichen sclerosus et atrophicus sind weißlich glänzende, fokal hämorrhagische, follikelgebundene Makulae. Teils sieht man monatelang scheinbar frische Hämatome, „das Blut wird in diesen Herden nur sehr verringert abgebaut“, erklärte der Experte.
Hochpotente Steroide sind beim Lichen sclerosus et atrophicus erste Wahl
Differenzialdiagnostisch kommen bei genitalem Befall unter anderem Vitiligo und Lichen planus, aber auch Leukoplakie und intraepitheliale Neoplasie in Betracht. Bei extragenitalem Befall durch die Lichen sclerosus et atrophicus sind Verwechslungen z.B. mit zirkumskripter Sklerodermie, Vitiligo und Striae distensae möglich. Die Diagnose beruht auf klinischem Befund und Biopsie, so der Referent.
Als Therapie der ersten Wahl bei Lichen sclerosus et atrophicus nannte Prof. Altmeyer hochpotente topische Steroide, wie etwa Clobetasol 0,05 %. Diese sind streng lokalisiert aufzutragen und zeitlich limitiert anzuwenden. Immer häufiger werden heute auch Calcineurininhibitoren ins Feld geführt (Tacrolimus, Pimecrolimus).
Eine Studie mit Tacrolimus über 24 Wochen brachte 43 % des Kollektivs in Komplettremission. Ergebnisse mit Pimecrolimus fallen ähnlich gut aus, so der Experte. Damit habe man heute eine gute Therapiealternative zu Steroiden zur Hand.
Östrogenhaltige Externa können beim Lichen sclerosus et atrophicus empfohlen werden
Testosteron-Externa wendete man früher an, „das halte ich heute für obsolet“, sagte Prof. Altmeyer. Die Pflege mit östrogenhaltigen Externa (Linoladiol® N) kann man nach seinen Ausführungen aber durchaus empfehlen.
„Ich persönlich bin auch sehr für die Kryotherapie“, erklärte der Referent weiter. Zwar setze man mit der tiefgreifenden Vereisung ebenfalls Gewebeschäden, doch seien die Kryotherapie-Narben funktionell wesentlich günstiger als die LSA-Narben, die bei natürlichem Krankheitsverlauf entstehen.
Beim extragenitalen Lichen sclerosus et atrophicus hat sich die Phototherapie bewährt
Ebenfalls eine gute therapeutische Option bei extragenitalem Lichen sclerosus et atrophicus ist laut Prof. Altmeyer die UVA1-Phototherapie. Hierbei sind Sie jedoch auf gute Mitarbeit der Patienten angewiesen, weil eine Langzeitbehandlung über mehr als ein Jahr erfolgen muss.
Die Ergebnisse der nicht invasiven Therapie bezeichnete der Kollege als erfreulich. „Muss man denn für die Diagnose eines Lichen sclerosus et atrophicus immer biopsieren?“, wollte ein Kollege aus dem Auditorium wissen. Wenn die Diagnose klinisch evident ist, darf man – insbesondere auch bei kleinen Kindern – auf die Biopsie verzichten, so die Antwort.
Allerdings sind regelmäßige Inspektionen Pflicht, um eine Entartung nicht zu verpassen. Bei Therapieversagen oder Malignitätsverdacht kommt man natürlich um die Biopsie nicht herum.
Bei Vulvabefall durch Lichen sclerosus et atrophicus ist lebenslange Kontrolle erforderlich
Wie steht es überhaupt mit dem Krebsrisiko? Maligne Transformation ist im extragenitalen Bereich kein Thema, so der Experte, wohl aber an der Vulva. In ca. 5 % der Fälle kommt es zur Entstehung eines Plattenepithel-Karzinoms. Daher müssen diese Patientinnen mit Lichen sclerosus et atrophicus lebenslang zur klinischen Kontrolle kommen.
Eine weitere Frage aus dem Auditorium: „Wie lange hochpotente Steroide geben?“ Das sei allgemein schwer zu sagen, so die Antwort. Professor Dr. Thomas Ruzicka von der Klinik für Dermatologie der TU München: „Wir gehen nicht ganz so hochpotent ran, Mometason ist meine erste Wahl, unter Clobetasol entstehen nach meiner Erfahrung zu viele Atrophien.“
Vortrag auf der 46. Jahrestagung der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft in Dresden
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