Cartoon Aus der Redaktion

Die Evidenz weist den Weg

Anouschka Wasner

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Männliche Infarkte und weibliche Migräne – alles im Lot? Was der Trump’sche Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit in der Konsequenz für die Medizin in Deutschland bedeutet. Ein Kommentar.

Es ist noch gar nicht so lange her, dass zum ersten Mal in der Breite diskutiert wurde, dass Frauen anders auf einen Herzinfarkt reagieren als Männer – beziehungsweise umgekehrt. Dass das Thema Gendersensibilität überhaupt zu einem Thema wurde, ist die Folge gesellschaftlicher und wissenschaftlicher Erkenntnisprozesse in den westlichen liberalen Demokratien. Heute gehört es zum medizinischen Konsens, dass Forschung und Versorgung ohne die Berücksichtigung menschlicher Diversität nicht sein können.  

Entsprechend galt für medizinische Studien in den USA noch bis vor Kurzem, dass sie Menschen aus allen Teilen der Gesellschaft berücksichtigen müssen, um durch die National Science Foundation gefördert zu werden. Jetzt wurde über präsidentielle Verordnungen die komplette Wissenschaftsfinanzierung zusammengestrichen. Es geht dabei sichtbar nicht um Sparmaßnahmen, es ist ein frontaler und ideologiegetriebener Angriff auf die freie Wissenschaft.

Die Auswirkung dieser Politik hat katastrophale Dimensionen. Selbst für die Grundlagenforschung bedeutet die Illegalisierung der DEI-Aspekte, also Diversity, Equity und Inclusion, einen Todesstoß, berichten Forschende aus den USA. Dabei kann Forschung gar nicht anders, als einem fortschrittlichen Menschenbild zu folgen: Die Evidenz weist ihr den Weg.  

Vielfalt, Gerechtigkeit und Teilhabe: Diese Konzepte, die von den US-amerikanischen Republikanern zur Feindpropaganda erklärt wurden, werden auch in Deutschland von manchen als Bedrohung gesehen. Und man muss keine Hellseherin sein, um zu wissen, dass sich der gnadenlose Durchgriff in den USA auch bei uns auf die Medizin auswirken wird.

Jetzt haben die USA begonnen, auch europäische Unternehmen unter Druck zu setzen, damit sie ihre Programme gegen Diskriminierung stoppen. Zwei Schweizer Pharmakonzerne haben ihre Diversitätsvorgaben für Einstellungen in den USA bereits gestrichen. Und in Deutschland steht die Genderforschung selbst immer wieder am Pranger. Zuletzt z.  B. über eine kleine Anfrage der AfD Sachsen, über die in Erfahrung gebracht werden sollte, welche sächsischen Universitäten Genderforschung betreiben.

Für Europa kann die besorgniserregende politische Entwicklung in den USA einen Kollateralnutzen bringen: Nicht wenige Forschende beschließen gerade, über den großen Teich zu ziehen – das ist nur einer der Gründe, warum es so wichtig ist, dass in Europa das Umfeld für Forschung und Lehre ein offenes und am Wesen der Wissenschaft orientiertes ist und bleibt.

Anouschka Wasner
Redakteurin Gesundheitspolitik

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