Die häufigsten Beschwerden rund um den künstlichen Darmausgang

Dr. Angelika Bischoff

Bei diesem Patienten wurde im Rahmen ­einer Darmkrebs-OP ein Stoma angelegt. Bei diesem Patienten wurde im Rahmen ­einer Darmkrebs-OP ein Stoma angelegt. © iStock/pavlemarjanovic

Was ist zu tun, wenn das Stoma plötzlich prolabiert? Wozu rät man Patienten, bei denen die ausgeschiedene Menge zu hoch oder zu niedrig ist? Britische Kollegen geben Antworten auf die brennendsten Fragen.

Intestinale Stomata verursachen nicht selten Beschwerden oder ziehen Komplikationen nach sich. Typisch für Ileo­stomien ist vor allem eine hohe Ausscheidungsmenge (Output). Bei Kolostomien kommt es eher zu Retraktionen oder parastomalen Hernien. Gehäuft Probleme verursachen auch Stomata, die notfallmäßig angelegt wurden, das heißt ohne ausreichend Zeit für eine sorgfältige Platzierung. Solche Stomata können dann ungünstig in Hautfalten liegen oder an Stellen, wo Kleidung einschnürt. Dies kann dazu führen, dass das Stoma nicht richtig passt, erklären Catherine­ Strong­ und Kollegen vom Northumbria Healthcare Trust in Cramlington.

Eine übermäßige Granulation ist zwar Teil des normalen Heilungsprozesses. Das brüchige noduläre rosafabene Gewebe neigt aber zu Blutungen. Hilfreich ist die topische Applikation von Silbernitrat durch das Pflegepersonal.

Besonders unangenehm für die Patienten sind Beutel-Leckagen. Vor allem bei Ileostomien können dabei Hautexkoriationen entstehen. Um Leckagen zu verhindern, können Beutel mit breiterem adhäsivem Anteil gewählt werden. Die Erfahrung zeigt auch, dass angewärmte Beutel besser kleben als kalte.

Zu hohen Output gilt es zu senken

Die aus dem Stoma ausgeschiedene Menge sollte möglichst auf 1–1,5 l pro Tag begrenzt werden. Wenn der Output zunimmt, kann der Grund dafür in bestimmten Medikamenten, einer Änderung der Ernährung oder einer Infektion liegen. Um den Darm zu „entschleunigen“, sollte Loperamid eingesetzt werden, auch bei Verdacht auf eine infektiöse Ursache. Eine orodispersible Zubereitung ist am besten geeignet. Man beginnt mit 2 mg 4 x täglich und steigert je nach Ansprechen auf maximal 4 x 16 mg. Immer sollte eine Stuhlprobe auf Erreger untersucht werden.

Manche Patienten berichten, dass sie das Volumen durch Verzehr von Chiasamen oder gelatinehaltigen Produkten eindicken. Auch nach 6 Uhr abends keine größeren Mahlzeiten mehr zu sich zu nehmen, kann dazu beitragen, dass der Beutel nachts nicht undicht wird oder platzt.

Im Falle einer hohen Ausscheidungsmenge ist es immer wichtig, einer Dehydratation oder Elektrolytstörung vorzubeugen. Harnstoff, Elektrolyte, Phosphat, Magnesium und Kalzium sollten bestimmt werden. Um einer Dehydrierung entgegenzuwirken, sollten die Patienten keinesfalls Wasser trinken. Denn dieses würde das Problem weiter verschlimmern, da durch Verdünnung des Darminhalts zusätzlich Elektrolyte in das Darmlumen gezogen werden. Stattdessen bieten sich orale Rehydratations­lösungen an.

Bei Elektrolytverschiebungen ins Krankenhaus einweisen

Eine Einweisung ins Krankenhaus wird nötig, wenn

  • der hohe Output trotz der genannten Maßnahmen nicht sis­tiert,
  • im Blut Elektrolytverschiebungen festgestellt werden oder
  • der Patient klinisch dehydriert ist.

Bei einem verringerten Output wiederum gilt es, Lebensmittel, die die Ausscheidungsmenge verringern können, zu meiden. Das gilt z.B. für stark faserhaltige Gemüse, deren Rückstände den Darm blockieren können. Auch Pilze und Nüsse sind häufige Trigger für geringe Ausscheidungsmengen­. Mit welchen Nahrungsmitteln er gut zurechtkommt und welche ihm Probleme machen, muss jeder selbst herausfinden.

Ernährungstipps für Stomaträger

Stark faserhaltige Kohlenhydrate wie braunes Brot oder brauner Reis, Obstschalen, -kerne, Samen, Nüsse und getrocknete Früchte sowie faserreiche Gemüse wie Sellerie, Brokkoli und Erbsen sollten Stomaträger vermeiden. Wasser, Obstsaft, proteinreiche Nahrungsmittel wie Fisch und Fleisch und Kohlenhydrate mit niedrigem Fasergehalt wie weißes Brot und Nudeln sind dagegen gut geeignet.

Eine Veränderung des Stoma-Outputs, v.a. ein plötzlicher Stopp, kann Zeichen einer Ob­struktion sein. Dafür sprechen auch Blähungen, Erbrechen oder Schmerzen. Der häufigste Grund für Dünndarm­obstruktionen sind Adhäsionen. Sie bilden sich häufiger nach offenen Operationen und Eingriffen aufgrund entzündlicher oder infektiöser Erkrankungen. Bei Verdacht auf einen Darmverschluss muss der Patient sofort notfallmäßig eingewiesen werden. Ein Stomaprolaps ist dagegen selten ein Notfall. Bevor man den Prolaps reponiert, sollte man die Mukosa des prolabierten Darms inspizieren. Weist sie Nekrosen oder Ulzerationen auf oder hat der Patient Schmerzen, ist eine stationäre Einweisung geboten. Erscheint die Mukosa pink und feucht (ähnlich wie die Mundschleimhaut), besteht meist keine Gefahr. Am besten bittet man den Patienten, sich flach auf den Rücken zu legen, sodass die Bauchwand entspannt. Dann tränkt man ein Stück Gaze mit konzentrierter Glukoselösung (z.B. 50 % Dextrose) und appliziert es auf den prolabierten Darm. Dessen Größe nimmt dadurch häufig ab, weil Ödeme durch Osmose reduziert werden. So lässt sich der Darm leichter in das Abdomen zurückverlagern. Da Rezidive zu befürchten sind, sollte der Patient, z.B. wenn er husten muss, die Hand auf das Stoma halten. Auch mit einem größeren Stomabeutel ist dem Patienten oft geholfen. Zug auf den Darm von innen kann zu einer Retraktion des Stomas führen. Bei Ileostomien ist dieses Problem relevanter als bei Kolostomien, weil Dünndarm-Efflux für die Haut irritierender ist. Konvexe Stomabeutel, die Druck um das Stoma herum abgeben, können dazu beitragen, den Darm vorzuziehen und den Kontakt zwischen Ausfluss und Haut zu verringern. Wenn das nicht klappt, muss eventuell eine chirurgische Korrektur erfolgen.

Dünne Stühle und Schmerzen können eine Stenose anzeigen

Wenn Narbengewebe an der Stoma­mündung entsteht, kann sich eine Stenose entwickeln. Flatulenz, dünne Stühle und Bauchschmerzen sind erste Zeichen dafür. Mit Laxanzien und diätetischen Maßnahmen ist dies meist gut zu managen, eine OP brauchen die Patienten in der Regel nicht. Bis zu 40 % der Stomaträger entwickeln parastomale Hernien. Sind sie ohne Symptome, müssen sie nicht operiert werden. Ansonsten kann man das Stoma repositionieren. Wenn Symptome auftreten, die auf eine Obstruktion oder Strangulation hinweisen, ist eine sofortige OP ­indiziert.

Quelle: Strong C et al. BMJ 2021; 374: n2310; DOI: 10.1136/bmj.n2310

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Bei diesem Patienten wurde im Rahmen ­einer Darmkrebs-OP ein Stoma angelegt. Bei diesem Patienten wurde im Rahmen ­einer Darmkrebs-OP ein Stoma angelegt. © iStock/pavlemarjanovic