Die möglichen Folgen des Alkoholmissbrauchs

Dr. Melanie Söchtig

Jahrelanger, intensiver Alkoholmissbrauch zieht häufig eine alkoholassoziierte Hepatitis oder eine Leberzirrhose mit sich. Jahrelanger, intensiver Alkoholmissbrauch zieht häufig eine alkoholassoziierte Hepatitis oder eine Leberzirrhose mit sich. © Photographee.eu – stock.adobe.com

Eine 34-jährige Patientin mit Leberzirrhose verstirbt nach Jahren intensiven Alkoholmissbrauchs – trotz adäquatem Einsatz des Ärzteteams. Der Fall zeigt, wie schwerwiegend alkoholassoziierte Leberschäden sind und welche Grenzen die moderne Medizin dabei hat.

Die alkoholassoziierte Lebererkrankung (ALD) zählt zu den Hauptursachen für leberbedingte Morbidität und Mortalität. Dies mussten auch Dr. Juan Arab von der Virginia Commonwealth University School of Medicine in Richmond und sein Klinikteam erfahren. Bei ihrer 34-jährigen Patientin wurde zuvor bereits eine Leberzirrhose festgestellt. Diese rührte daher, dass sie seit ihrem 16. Lebensjahr täglich zwei bis drei alkoholhaltige Getränke konsumierte. In den vergangenen zwei Jahren hatte sich ihr Alkoholkonsum auf einen halben Liter Wodka pro Tag gesteigert. Nachdem ihr vor vier Jahren ein Roux-en-Y-Magenbypass (RYGB) gelegt wurde, hatte sie fast 30 kg abgenommen (aktueller Body-Mass-Index: 28).

Die Patientin wurde nun aufgrund eines Sturzes ins Krankenhaus eingeliefert. Am Folgetag präsentierte sie sich zittrig und ängstlich. Ihre Herzfrequenz lag bei 110 Schlägen pro Minute und ihr Blutdruck bei 146/92 mmHg. Das behandelnde Team stellte die Diagnose eines Alkoholentzugssyndroms. Im Ultraschall zeigte sich eine knotige Leberkontur und perisplenische Kollateralen ohne fokale Leberläsion. Die Laboruntersuchung ergab einen Hämoglobinwert von 10,2 g/dl und eine Thrombozytenzahl von 112.000/µl. Das Serumalbumin lag bei 3,4 g/dl, das Serumbilirubin bei 1,2 mg/dl. Die Messungen der Aspartat- und Alanin-Aminotransferase ergaben Werte von 98 bzw. 45 U/l.

Nachdem andere Ursachen für eine Lebererkrankung wie Hepatitis B und C, Autoimmunhepatitis, Morbus Wilson, Alpha-1-Antitrypsinmangel und Hämochromatose ausgeschlossen wurden, konnte die Diagnose einer alkoholassoziierten Lebererkrankung gesichert werden. Im nächsten Schritt wurde eine intrakranielle Schädigung mittels Gehirn-CT ausgeschlossen und das Alkoholentzugssyndroms behandelt. Hierbei sollten Benzodiazepine aufgrund ihres vorherrschenden hepatischen Metabolismus und des potenziellen Risikos, eine hepatische Enzephalopathie auszulösen, bei Patienten mit Leberzirrhose nur mit Vorsicht eingesetzt werden, so Dr. Arab. Die orale Verabreichung von kurz wirksamen Benzodiazepinen (Lorazepam oder Oxazepam) sei,  wann immer möglich, vorzuziehen.

Nach vier Tagen wurde die Patientin aus dem Krankenhaus entlassen. Sie erhielt eine Verschreibung von Acamprosat (666 mg, dreimal täglich) sowie die Kontaktdaten von Ansprechstellen für die Behandlung der Alkoholabhängigkeit. Darüber hinaus wurde ihr Carvedilol (6,25 mg, zweimal täglich) zur Behandlung der klinisch signifikanten portalen Hypertonie und zur Verhinderung einer Dekompensation verschrieben.

In den nächsten Monaten folgten wiederholte Hospitalisierungen und mehrere erfolglose Versuche, den Alkoholkonsum einzustellen. Die Patientin entwickelte unter anderem einen hepatischen Hydrothorax, einen Aszites und eine alkoholassoziierte Hepatitis. Nachdem die Option einer Lebertransplantation aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls zum Alkoholkonsum ausgeschlossen wurde, fiel die Entscheidung, die Patientin palliativ zu betreuen. Zwei Tage später verstarb sie.

Die alkoholassoziierte Hepatitis ist durch ein schnelles Auftreten von Gelbsucht gekennzeichnet. Bei einem schweren Verlauf (MELD*-Score > 20) kann die Sterblichkeit nach 90 Tagen bei 90 % liegen, so die Autorinnen und Autoren. Mit Kortikosteroiden kann man einen Überlebensvorteil von etwa 50 % innerhalb eines Monats erreichen. Ob über diesen Zeitraum hinaus weitere Erfolge erzielt werden können, hängt davon ab, ob weiterhin Alkohol konsumiert wird. Eine frühzeitige Lebertransplantation kann sinnvoll sein bei sorgfältig ausgewählten Personen mit schwerer alkoholassoziierter Hepatits, die auf eine medikamentöse Therapie nicht ansprechen.

*    Model of End Stage Liver Disease

Quelle: Arab JP et al. Gastroenterology 2024; doi: 10.1053/j.gastro.2024.09.042

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Jahrelanger, intensiver Alkoholmissbrauch zieht häufig eine alkoholassoziierte Hepatitis oder eine Leberzirrhose mit sich. Jahrelanger, intensiver Alkoholmissbrauch zieht häufig eine alkoholassoziierte Hepatitis oder eine Leberzirrhose mit sich. © Photographee.eu – stock.adobe.com